Heftige Kritik an seinen Ressortchefs der vergangenen Jahre übt der mit 3. Februar abgelöste Leiter des Bundeskriminalamts, Herwig Haidinger, im APA-Gespräch: Er sei abgelöst worden, "weil ich mich nicht korrumpieren ließ", sagte der Kriminalist. Der Umgang mit ihm sei "äußerst schäbig" gewesen, es habe "kein Danke, keine Auszeichnung, nichts gegeben", und das trotz großer Erfolge wie zum Beispiel der weltweit einzigartigen Strategievereinbarung.
"Es hat eine ganze Reihe von Wünschen und Anliegen von ÖVP-Ministern gegeben. Wenn die Umsetzung dieser Wünsche Korrumpierung bedeutet, mache ich da nicht mit", präzisierte Haidinger. "Ich mache 33 Jahre diesen Job, und ich musste nie korrupt sein, um dorthin zu kommen, wo ich bin. Ich bin das lebende Beispiel, dass es in der Polizei auch ohne Korruption geht."
Details zu den Fällen wollte Haidinger nicht nennen, unter Hinweis auf die Amtsverschwiegenheit: "Dass ich die verletze, darauf würden sie nur warten." Es sei aber um Wünsche und Ansinnen im Zusammenhang mit der Fallführung in der Causa BAWAG und in anderen Fällen gegangen. "Und das mache ich nicht."
Stillhalten empfohlen
Haidinger sprach auch davon, dass ihm ein Stillhalten nahegelegt worden sei: "Auch wenn man mir sagt, dass für mich und meine Familie gesorgt werde, wenn ich Ruhe gebe – das mache ich nicht. Mir ist es wichtiger, wie ich meiner Frau und meinen Kindern gegenübertrete." Er gehe mit aufrechtem Haupt.
Haidinger sprach davon, dass er Korruption im Innenministerium wahrgenommen habe: "Es gibt Dinge, die ich für korrupt gehalten habe." Es gebe einen Folder vom Büro für Interne Angelegenheiten (BIA), das mit der Korruptionsbekämfpung beschäftigt ist, in dem unter anderem stehe, dass die Polizei keine Weinflaschen annehmen solle: "Da kann ich nur lachen darüber."
Den BIA-Chef Martin Kreutner "kenne ich sehr gut, ich schätze ihn persönlich sehr", sagte Haidinger. Ob die Korruptionsbehörde im Innenministerium versagt habe, wenn es um die eigene Spitze geht, ließ der Noch-BK-Chef offen. Er brachte einen Vergleich: "Wenn die Innenrevision der BAWAG den eigenen Chef prüfen soll, wie soll das gehen?"
Strasser ausgenommen
Ernst Strasser, unter dem der immer als ÖVP-nah geltende Haidinger bestellt wurde, nahm er von seiner Kritik aus: Mit ihm habe er immer ein korrektes, "mitunter lautes", auch herzliches Verhältnis gehabt. Doch von der "ÖVP im Innenministerium bin ich schwer enttäuscht, dass man mit so einem Ansinnen überhaupt an mich herangetreten ist", sagte der Kriminalist. Über die Art des Ansinnens äußerte sich Haidinger unter Hinweis auf die Amtsverschwiegenheit nicht. Nach Strasser waren kurzfristig Günther Platter, Liese Prokop und nach ihrem Tod am Silvestertag 2006 kurzfristig Wolfgang Schüssel sowie seither wieder Günther Platter ÖVP-Ressortchefs im Innenministerium.
Delikat sind nicht zuletzt aufgrund dieser Aussagen Haidingers Vorhaben für die Zukunft: "Ich werde mich verstärkt um die Korruptionsbekämpfung im Innenministerium kümmern." Auf welcher Position er das tun will, ließ er offen.
Das Innenministerium wollte Haidingers Aussagen, von der APA damit konfrontiert, am Freitagvormittag nicht kommentieren. Haidinger werde sich um Forschungsaufgaben für die Exekutive bei der Sicherheitsakademie kümmern.
Zukunft ungewiss
Anders als zahlreiche Spitzenbeamte, die längst in der Privatwirtschaft zu teils lukrativen Bedingungen untergekommen sind, ist die Zukunft Haidingers vorerst noch ungewiss. Aus dem Innenministerium hieß es am Freitag, er werde mit Forschungsaufgaben für die Exekutive im Rahmen der Sicherheitsakademie betraut. Dem steilen Aufstieg mit Beginn des neuen Jahrtausends folgte nun der Karriereknick.
Herwig Haidinger wurde am 24. Jänner 1954 in Linz geboren. Nach einer Lehre als Kfz-Mechaniker 1969 bis 1973 legte er 1974 die Gesellenprüfung ab und leistete anschließend den Grundwehrdienst beim Bundesheer. 1975 trat er als Sicherheitswachebeamter in die Bundespolizeidirektion Linz ein, wo er bis 1981 blieb. Parallel dazu holte er bis 1980 am Bundesgymnasium für Berufstätige in Linz die Matura nach.
Von 1982 bis 1989 war er als Kriminalbeamter in Linz tätig und studierte in dieser Zeit Jus an der Uni Linz. 1987 wurde er zum Dr. jur. promoviert. 1989 bis 1992 arbeitete Haidinger als Jurist im Strafamt der Linzer BPD, bevor er Chef des Bundesasylamtes Oberösterreich wurde. Von 1994 bis 2000 war er Leiter der Abteilung Staats-, Personen- und Objektschutz bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich und zweiter Stellvertreter des Sicherheitsdirektors.
Wechsel nach Wien
Im Jahr 2000 wechselte Haidinger nach Wien, zunächst als Leiter des Bereiches Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit im Kabinett von Innenminister Ernst Strasser. Am 1. Oktober 2000 wurde er Leiter der Gruppe Kriminalpolizei/Interpol, im Februar 2002 stellvertretender Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, am 8. Mai 2002 Direktor des Bundeskriminalamtes (BK).
Im Juni 2007 eröffnete Innenminister Günther Platter Haidinger, dass er dessen auf fünf Jahre befristeten Vertrag nicht zu verlängern gedenke. Der BK-Direktor rief die Beschwerdekommission an, hatte damit aber keinen Erfolg. Im Zuge der Neuausschreibung seines Jobs bewarb er sich ebenfalls, kam aber erwartungsgemäß nicht zum Zug. Ab 4. Februar wird er sich um Forschungsaufgaben für die Exekutive im Rahmen der Sicherheitsakademie kümmern. (APA)