Die beiden Politiker hielten sich mit konkreten Maßnahmen unter Hinweis auf das Gesamtpaket bedeckt. Skizziert wurden die Problemfelder und mögliche Handlungsmöglichkeiten der Politik. So verwies Kalina auf den Biosprit, der sowohl den Brot- als auch den Benzinpreis in die Höhe treibe. Dies sei eine "hausgemachte Entwicklung", so der Bundesgeschäftsführer. Die gesetzliche Beimischung von Biosprit sollte Landwirtschaftsminister Josef Pröll (ÖVB) neu überdenken. Neuerlich wurde auch das System der Agrarsubventionen angeprangert. Matznetter kann sich etwa vorstellen, nur jene Bereiche zu subventionieren, wo es zu Preissenkungen kommt.
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) warfen die SPÖ-Politiker vor, zu wenig gegen den fehlenden Wettbewerb zu unternehmen, konkret gegen die Konzentrationen im Handel und in der Nahrungsmittelindustrie. Matznetter stellte klar, dass die Liberalisierung nicht einseitig sein dürfe - "unter dem Motto der Dumme ist immer der Konsument. Wenn es keinen Wettbewerb gibt, dann muss die Politik eingreifen." Schließlich gebe es das Wettbewerbs- und Kartellrecht. Auch gegen Preiswucher könnte die Politik vorgehen.
Bei den Strompreisen sieht Matznetter ebenfalls Handlungsbedarf des Wirtschaftsministers: Es sei unverständlich, dass sich der Strompreis in Österreich am steigenden Ölpreis orientiere, obwohl 55 Prozent des Stroms aus seit Jahren bestehenden Wasserkraftwerken gewonnen werde: "Die Donau wird nicht mit Öl angetrieben", so der Staatssekretär.
"Geduld der SPÖ am Ende"
Von Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) will die SPÖ schließlich wissen, wie hoch das Körberlgeld ist, das er dadurch verdient, dass der Konsument an der Supermarktkasse und an der Tankstelle "ausgesackelt" werde. "Es ist Zeit, dass sich die ÖVP konstruktiv einklinkt", so Kalina. Die Zeit der Tatenlosigkeit sei vorbei, die Politik dürfe bei dieser Inflations-Entwicklung, die kein Wirtschaftsforscher vorhergesagt habe, nicht länger zusehen.
Die SPÖ wolle mit der ÖVP "seriös" verhandeln. Dafür sei jedoch notwendig, so Kalina, dass die "beharrenden Kräfte" nicht länger das Sagen in der ÖVP hätten. "Die Geduld der Sozialdemokraten ist am Ende." Es müsse endlich zu Änderungen kommen, nachdem der "Schüssel-Kurs" im Oktober 2006 abgewählt worden sei.
Erste Nagelprobe für Gusenbauer
ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon ortet "ziemliche Hektik und Panik innerhalb der SPÖ". Was die Inflationsentwicklung betrifft, "mache ich den Bundeskanzler persönlich verantwortlich" für die Entscheidung über eine ORF-Gebührenerhöhung, die am morgigen Samstag anstehe. "Das ist die erste Nagelprobe" für Alfred Gusenbauer. Außerdem forderte Missethon Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) auf, die Erhöhung der Strompreise in seinem Heimatland Salzburg "unter der roten Landeshauptfrau" sofort zurückzunehmen.
Dies seien "ganz konkrete Punkte, die die SPÖ jetzt erledigen muss", wenn sie glaubwürdig bleiben wolle. Auf die Frage, was er von den von der SPÖ verlangten 100 Euro Einmalzahlungen halte, sagte Missethon gegenüber der APA, "ich warte zuerst auf das Gesamtkonzept" der Sozialdemokraten. Es gehe aber jetzt vor allem darum, zu handeln und nicht zu reden.
Missethon erinnerte daran, dass Konsumentenschutzminister Buchinger für die Preis- und Gebührenkontrolle zuständig sei. Den rot regierten Bundesländern hielt der ÖVP-Generalsekretär vor, massive Gebührenerhöhungen vorgenommen zu haben. In Wien bei Strom plus 20,8 Prozent, bei Gas plus 24,7 Prozent, bei Abwasser- und Müllentsorgung plus 43 Prozent oder in der Steiermark eine zweimalige Strompreiserhöhung von ín Summe zwölf Prozent.
FPÖ lehnt Buchinger-Vorstoß ab
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hält die jüngsten Vorschläge von Buchinger für eine Einmalzahlung von 100 Euro für Bezieher von Einkommen unter 1.000 Euro für nicht zielführend. Der Plan Buchingers sei nur ein Auftakt zum "Weiterwurschteln wie bisher" ohne ein konkretes Konzept zur Armutsbekämpfung in Österreich.
Es müsse vielmehr zu einer massiven Entlastung durch eine sofortige Steuerreform kommen. Davon würden auch die Familien profitieren. Außerdem komme die Erkenntnis von Buchinger, dass die jüngst beschlossene Teuerungsabgeltung nicht ausreichend sei, relativ spät. "Das erklärte Ziel dieser Bundesregierung muss endlich sein, Löhne und Pensionen an die enormen Preissteigerungen anzupassen" und nicht "Menschen im Regen stehen" zu lassen und sogar noch für weitere Belastungen wie beim Treibstoff oder der Krankenversicherung zu sorgen, meinte Kickl.
BZÖ reklamiert SPÖ-Vorstoß für sich
Das BZÖ hat den Vorstoß von Buchinger begrüßt - reklamiert gleichzeitig aber die Idee für sich. "Das wäre der größte politische Erfolg seit Bestehen des BZÖ", zeigte sich Parteichef Peter Westenthaler bei einer Pressekonferenz am Freitag "guten Mutes". Parlamentarisch werde man den Vorschlag natürlich unterstützen, allerdings wollen die Orangen eine Einmalzahlung von 200 Euro.
Bereits drei Mal habe man im Parlament einen derartigen Teuerungsausgleich, wie ihn Buchinger nun vorgeschlagen hat, beantragt, so Westenthaler. "Alle drei Mal wurde er von Rot-Schwarz niedergestimmt." Westenthaler verlangt jedoch Einmalzahlungen in der Höhe von mindestens 200 Euro für Haushalte bis zu 3.000 Euro Monatseinkommen. Buchinger hatte 100 Euro für haushalte bis 1.000 Euro Einkommen vorgeschlagen. "Ja wo lebt denn der Herr Sozialminister?", so der BZÖ-Chef, der Buchinger Zynismus vorwirft. Bei der derzeitigen Inflation könne man nämlich von Mehrkosten bei Lebensmitteln von zumindest 176 Euro im Jahr ausgehen.
Nun hofft Westenthaler, dass die ÖVP auch ihren Koalitionspartner, die "Kühlschrankpartei" ÖVP, überzeugen kann. Andernfalls: "Es gibt eine parlamentarische Mehrheit und die bieten wir an. Wir stehen zur Verfügung", so das orange Angebot. Für die nächste Sitzung des Nationalrats kündigte das BZÖ an, einen weiteren Antrag auf Teuerungsausgleich einzubringen. Dies könne jedoch nicht die einzige Maßnahme bleiben: Westenthaler forderte abermals eine sofortige Steuersenkung - auch angesichts Steuer-Mehreinnahmen von 4,3 Mrd. Euro im vergangenen Jahr.
"Buchinger soll Konsumenten schützen"
Als Minister für Konsumentenschutz Buchinger Mittel und Möglichkeiten, die Konsumenten auch zu schützen, wies Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein (ÖVP) die Forderung des Sozialministers nach einem Einschreiten gegen steigende Lebensmittelpreise zurück. Zu Buchingers Forderung, die Wettbewerbsbehörde solle ein Preismonitoring betreiben, meinte Bartenstein, diese sei ohnehin laufend aktiv.
Die SPÖ solle keine parteiinternen Probleme auf dem Rücken der Österreicherinnen und Österreicher austragen, sagte Bartenstein bei einer Pressekonferenz, das sei nämlich derzeit "ein bisschen der Fall". Die Sozialdemokraten sollten vor ihrer eigenen Tür kehren und sich z. B. im Gebührenbereich zurücknehmen. Die ORF-Gebühren um 10 Prozent hinauf zu schnalzen sei schon "eines vom Feinsten".