Bild nicht mehr verfügbar.

Nach einem guten Jahr als Bundeskanzler muss sich Alfred Gusenbauer mit parteiinterner Kritik und verheerenden Umfragewerten auseinandersetzen. In der Partei schrillen die Alarmglocken.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER
Wien – Der Meinungsforscher Peter Ulram ist über seine eigene Umfrage erstaunt. Er könne sich nicht daran erinnern, dass ein Bundeskanzler jemals solche schlechten Werte hatte. "So negativ ist das noch bei keinem Kanzler ausgefallen. Bei Wolfgang Schüssel waren die Werte vereinzelt sehr schlecht, aber bei Alfred Gusenbauer sind sie durchgehend negativ", sagt Ulram.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK, die dem Standard exklusiv vorliegt, werden Kanzler Gusenbauer verheerende Werte ausgewiesen. 59 Prozent der Befragten (500 Telefoninterviews) gaben im Jänner 2008 an, eher keine gute Meinung über Alfred Gusenbauer zu haben. Das ist gegenüber dem Februar 2007 eine Negativsteigerung um zwölf Prozentpunkte.

Keine Richtlinien

Verheerend sind auch die Werte, die GfK bei den Eigenschaften des Bundeskanzlers erhoben hat: 76 Prozent der Befragten halten Gusenbauer für nicht durchsetzungsfähig, 69 Prozent sagen, dass er keine klare Richtlinien vorgibt, 65 Prozent glauben nicht, dass er politisch Erfolg haben wird. Auch bei den deklarierten SPÖ-Wählern schneidet Gusenbauer überwiegend schlecht ab.

Katastrophal sind die Werte für den Bundeskanzler ausgerechnet in der Bevölkerungsschicht der über 60-Jährigen, in der die Stammklientel der SPÖ besonders hoch ist: Hier sagen 82 Prozent der Befragten, dass Gusenbauer nicht durchsetzungsfähig ist, 69 Prozent glauben nicht, dass er klare Richtlinien vorgibt, 72 Prozent trauen ihm keine politischen Erfolge zu. Auch bei anderen Werten schneidet Gusenbauer in dieser GfK-Umfrage durchwegs schlecht ab: Nur 28 Prozent glauben, dass Gusenbauer auch großen Problemen gewachsen sei, ebenfalls 28 Prozent glauben, dass er zu dem steht, was er sagt, nur 30 Prozent gehen davon aus, dass Gusenbauer Österreich sicher in die Zukunft führen könne.

Den am wenigsten schlechten Wert hat Gusenbauer bei der Fragestellung "Versteht viel von der Wirtschaft": 44 Prozent sehen das als zutreffend, 44 Prozent als nicht zutreffend, der Rest kann sich nicht entscheiden.

"Von Anfang an gab es beträchtliche Vorbehalte gegen Gusenbauer, auch bei der eigenen Wählerschaft", sagt Ulram, dessen Institut als der ÖVP nahestehend angesehen wird. "Die Strategie des Kanzlers, eher zu moderieren und sich nicht in politische Streitereien einzumischen, ist nicht aufgegangen", sagt Ulram. "Er gilt nicht als derjenige, der handelt." Mit Gusenbauer verbinde man mangelnde Durchsetzungsfähigkeit, er könne sich weder in der Regierung und besonders nicht gegen den Koalitionspartner durchsetzen. Ulram: "Die ÖVP hat natürlich ihre Strategie, Gusenbauer nicht hochkommen zu lassen. Für die SPÖ-interne Kritik am Kanzler kann man die ÖVP allerdings nicht verantwortlich machen." Dass die eigenen Leute, vor allem auch aus den Bundesländern, derart massiv gegen den amtierenden Kanzler aufstehen, sei laut Ulram in diesem Ausmaß höchst ungewöhnlich.

Molterer vor Gusenbauer

Auch in anderen Umfragen steigen Gusenbauer und die SPÖ schlecht aus: In einer aktuellen Gallup-Umfrage sprachen sich in der direkten Kanzlerwahl nur mehr 30 Prozent für Gusenbauer aus, Wilhelm Molterer konnte dagegen zulegen, für ihn sprachen sich bereits 39 Prozent aus. Die ÖVP käme bei dieser Gallup-Umfrage auf 36 Prozent, die SPÖ auf 33 Prozent. In einem SPÖ-Präsidium am Montag werden diese Umfragewerte wohl diskutiert werden. Die Parteigranden werden auch versuchen, dieser negativen Entwicklung gegenzusteuern: Die SPÖ will mit Maßnahmen gegen die steigende Inflation wieder punkten. Konkrete Vorschläge gibt es, bis auf die von Sozialminister Erwin Buchinger geforderte Einmalzahlung von 100 Euro, allerdings noch nicht. (Michael Völker/DER STANDARD, 4.2.2008)