Wissenschaftskommunikation funktioniert auch im Jahr der Mathematik mitunter wie ein Feuerwerk: kurze Attraktion, schnell wieder abgebrannt.

Illustration: DER STANDARD/Köck
2008 wird es wieder eine lange Nacht der Forschung geben. Mit solchen spektakulären Großevents und verschiedenen anderen Projekten versuchte man in den vergangenen Jahren, die Bevölkerung für Wissenschaft zu interessieren. Die Bilanz der bisherigen Vermittlungsaktivitäten fällt in Österreich und Deutschland eher kritisch aus. Und neuerdings setzt man ganz auf die Kinder.

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Es war die größte Veranstaltung, die es in Österreich bislang gegeben hat, um Wissenschaft unters Volk zu bringen. Einen Abend lang standen insgesamt 70 Universitäten und Labore in Wien, Linz und Innsbruck offen, um der Bevölkerung zu vermitteln, was die Forschung dort so treibt. Immerhin knapp 15.000 Österreicher kamen und schauten. Das war am 1. Oktober 2005.

Trotz des relativen Erfolgs dieser ersten "Langen Nacht der Forschung" und Absichtserklärungen von allen Seiten gab es zwei Jahre lang keine Neuauflage der Veranstaltung. Immerhin: am 8. November 2008 soll es wieder so weit sein. "An welchen beiden Standorten neben Wien, ist noch nicht klar", sagt Paul Glück von der PR-Agentur Brainiacs, die gemeinsam mit der Eventagentur GPK den Zuschlag erhielt. Graz und Linz sind die Favoriten, möglicherweise Macht auch Innsbruck mit.

Glück gewann vor allem deshalb gegen die Agentur Science Communications, die den Event 2005 organisierten, weil er das günstigere Anbot legte: Die Universitäten, die 2005 für ihr Engagement noch finanzielle Unterstützung bekamen, gehen diesmal wohl leer aus. Außer es werden noch lokale Sponsoren gefunden. Ende Februar werde man mehr wissen.

Die lange Nacht der Forschung 2005 war auch die größte Einzelveranstaltung der Initiative "Innovatives Österreich", die von 2001 bis 2006 insgesamt knapp 20 Millionen Euro für Projekte "zur Sensibilisierung einer breiteren Öffentlichkeit für das Themenfeld Wissenschaft, Forschung und Technologie" ausgab.

Koordiniert wurde die Initiative vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung, der in der ersten Tranche bis 2003 auf eine teure Werbekampagne setzte und danach auf insgesamt 50 Einzelprojekte, von denen "die lange Nacht" das mit Abstand größte war. Ob alle Gelder sehr zielführend eingesetzt wurden, darf bezweifelt werden.

Bei zwei Umfragen des Meinungsforschungsinstituts market beispielsweise, das die Österreicher Ende 2000 und dann wieder Ende 2005 die Wichtigkeit von Berufen einschätzen ließ, fielen die Wissenschafter in der Einschätzung von Herrn und Frau Österreicher von Platz neun auf Platz 18 zurück.

Geringes Interesse

Bei einer Eurobarometer-Umfrage vor wenigen Monaten wiederum kam heraus, dass nur 42 Prozent der Österreicher an Wissenschaft "sehr" oder "einigermaßen interessiert sind. Zum Vergleich: in Schweden sind es 80 Prozent; in Dänemark und Frankreich kaum weniger. Und der EU-Durchschnitt liegt immerhin noch bei 57 Prozent.

"Innovatives Österreich" lief jedenfalls 2007 aus, was Ludovik Garzik, Generalsekretär des Rats für Forschung und Technologieentwicklung naturgemäß bedauert. Nun wollen die Ministerien für Wissenschaft, Infrastruktur und Wirtschaft die Gelder nach ihren Vorstellungen vergeben, so Garzik. Eine Koordination der Aktivitäten wird wohl noch weniger stattfinden als bisher.

Österreich ist natürlich nicht das einzige Land, das auf die breitenwirksame Vermittlung von Wissenschaft setzt. Spätestens seit dem Beschluss der Lissabon-Strategie im März 2000, mit der die EU bis 2010 zum dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt werden will, verstärkte man in allen Ländern die Wissenschaftsvermittlungsbemühungen - und setzte dabei auch auf Großveranstaltungen.

In Deutschland beispielsweise finden seit dem Jahr 2000 "Wissenschaftsjahre" statt, die jeweils bestimmten Disziplinen (heuer läuft das Jahr der Mathematik) gewidmet sind. Aber auch da kam kürzlich eine international vergleichende Evaluierung, die vom Bielefelder Soziologen und Wissenschaftsforscher Peter Weingart geleitet wurde, zu nicht gerade erfreulichen Einschätzungen.

Kritische Befunde

"Unser Hauptbefund ist, dass die kleineren, methodisch variablen Formate der Wissenschaftsvermittlung besser funktionieren als die Großevents", sagt Weingart im Gespräch mit dem Standard. "Die sind es aber, die das meiste Geld verschlingen." Scholz & Friends, die das Spektakel bewerben, ist eine der teuersten Werbeagenturen Deutschlands. Es ist ein bisschen wie bei einem Feuerwerk: kurze Attraktion, aber eben auch schnell wieder abgebrannt.

Der andere Kritikpunkt an diesen Veranstaltungen: sie seien "Betstunden für Gläubige", wie es unlängst die Wochenzeitung Die Zeit auf den Punkt brachte: Viele, die daran teilnehmen, sind bereits davon überzeugt, dass Wissenschaft wichtig ist.

In den nächsten Wochen wird es dennoch eine ganze Reihe an einschlägigen Veranstaltungen geben: Im April findet zum zweiten Mal das vom British Council veranstaltete FameLab statt, das Nachwuchswissenschafter zum Redewettbewerb auf die Bühne bittet. Und selbst bei den Wiener Festwochen werden beim "Schwarzmarkt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen" Laien auf Experten treffen.

Neuerdings entdeckte man sogar die Schüler als Zielgruppe. Der Grund dafür liegt auf der Hand, nämlich "der eklatante Fachkräftemangel in den Natur- und Technikwissenschaften", so Peter Weingart. In Österreich wurde deshalb vom Wissenschaftsministerium das Vermittlungsprogramm "Sparkling Science" ins Leben gerufen, um den Kindern und ihren Eltern zu zeigen, wie funkelnd Wissenschaft sein kann.

In Deutschland hat man mit Schulprojekten erste Erfahrungen gemacht. Bewährt haben sich dabei kleine Formate, wie Peter Weingart berichtet: "Das ist harte Kärrnerarbeit und politisch nicht so spektakulär wie die Großprojekte. Aber die Kinder sind begeistert." (Klaus Taschwer und Peter Illetschko/DER STANDARD, Printausgabe, 6.2.2008)