Wien - Nur knapp hat am Mittwoch der neue Leiter des Bundeskriminalamts, Franz Lang, die Vorwürfe um den angeblich verschlampten Hinweis auf Natascha Kampuschs Entführer kommentiert: "Damals waren andere zuständig", sagte er zur APA zu den Vorwürfen, die sein Vorgänger, Herwig Haidinger, am Dienstag laut Abgeordneten im parlamentarischen Innenausschuss getätigt hatte. "Jetzt sollen die Gerichte die Antwort darauf finden."

Aufklärung abgelehnt

Haidinger, der seit 3. Februar nicht mehr Direktor des BK ist, war im Unfrieden aus seinem Posten gegangen: Zunächst hatte er im APA-Interview angedeutet, er sei abgelöst worden, "weil ich mich nicht korrumpieren ließ", woraufhin er am Dienstag vor den Innenausschuss des Parlaments geladen wurde. Dort berichtete er laut Abgeordneten auch davon, dass ein Hinweis eines Hundeführers auf das Haus des Kampusch-Entführers offenbar nicht verfolgt worden sei. Eine von ihm später angeregte Aufklärung der möglichen Panne sei mit dem Hinweis auf die anstehenden Wahlen vom Kabinett beschieden worden, dass man keinen Skandal brauchen könne.

Der Ermittlungsakt liegt auf jeden Fall bereits bei der Staatsanwaltschaft. "Alles was gestern bekannt war, ist auch heute bekannt", hieß es dazu bei der Behörde. Der Leiter der Sonderkommission Natascha Kampusch, der burgenländische Landespolizeikommandant Nikolaus Koch, wollte mit Hinweis auf laufende Verfahren der Staatsanwaltschaft "keinen Kommentar" zu dem Hinweis des Hundeführers abgegeben. "Ich kenne den Akt sehr gut", sagte er am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz in Eisenstadt. "Es gibt Gremien, die den Akt beurteilen und diese sind momentan am Zug", sagte der Landespolizeikommandant.

Kampusch-Anwälte prüfen Amtshaftungsanspruch

Als "unverständlich und unerklärlich" beurteilte Natascha Kampuschs Anwalt Gerald Ganzger den Umgang mit dem Hinweis auf den Kidnapper Wolfgang Priklopil nur wenige Wochen nach der Entführung seiner Mandantin, der von einer Sonderkommission "ignoriert und verschlampt" worden sei. "Klar ist, dass es theoretisch in Richtung Amtshaftung gehen kann", sagte Ganzger am Mittwoch zur APA. "Wenn alle Erhebungen da sind, wird man prüfen ob ein Amtshaftungsanspruch da ist." Gibt es diesen, werde man ihn geltend machen.

Der Hinweis des Polizeiführers sei unglaublich konkret, urteilte der Anwalt. Es handle sich um eine sachlich versierte und begründete Anzeige, in der Fakten geschildert werden, die zum Täterprofil passen. "Der Polizeibeamte hat wie aus dem Lehrbuch die wichtigsten Merkmale geschildert", erklärte Ganzger. Die Rede sei unter anderem von einem "Eigenbrötler", der in einem elektronisch voll abgesichertem Haus lebe.

Kampusch "sehr betroffen"

Diese Informationen seien offenbar bei der Gendarmerie in Strasshof abgegeben worden, dürften von dort in die Kriminalabteilung weitergeleitet worden sein, wo sie versickert sein sollen. "Das ist sagenhaft", so Ganzger. "Wenn dort nichts getan wurde wegen des konkreten Hinweises eines Polizisten, dann stellt sich schon die Frage der rechtlichen Verantwortung."

"Natascha Kampusch ist natürlich sehr betroffen, dieser Fehler hat ihr vielleicht acht Jahre Freiheit gekostet - von den Auswirkungen her natürlich eine Tragödie", meinte der Rechtsvertreter. Vor dem rechtlichen Aspekt sei es daher zunächst das wichtigste für sie das ganze psychisch zu verkraften. Das Mindeste sei nun eine lückenlose und möglichst rasche Aufklärung, forderte er.

Natürlich sei es auch bedeutend, dass der Hinweis offenbar schon seit eineinhalb Jahren im Ministerium bekanntgewesen sei und dort versucht wurde diesen zu vertuschen, erklärte er. Natascha Kampusch sei davon allerdings nicht so sehr betroffen, da sie sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Freiheit befunden habe. (APA)