Wien – Wenn am Ende eines Märchens der Prinz anstelle einer Prinzessin einen Prinzen küsst, dann können weder Kronenzeitung noch FPÖ an sich halten und werfen sich meinungsbildnerisch auf ihre Weise ins Zeug (der STANDARD berichtete). Mit dem im Vorfeld seiner Premiere am Mittwochnachmittag zur ideologischen Debatte reduzierten Stück "König und König" (ab sechs Jahren) bricht nämlich die Realität ins Kindertheater.

Der neu gegründete Verein Thearte zeigt das von Alexander Gruber nach dem niederländischen Bilderbuch von Linda de Haan und Stern Nijland geschriebene Stück erstmals im Dschungel Wien. Und an der zum Teil betriebenen Verunsicherung, die in der Folge Lehrer und Eltern erfasste, lässt sich ablesen, wie sehr das Thema gleichgeschlechtliche Liebe auf der Bühne in Wahrheit noch tabuisiert ist.

In Skandinavien, den Beneluxländern oder auch in Deutschland würde man damit längst anders umgehen, ist sich Dschungel-Leiter Stephan Rabl sicher. In Österreich ist das jetzt ein erster Aufbruch. Wobei ein vehementes Missverständnis vorliegt. Denn bei König und König handelt es sich um kein, wie behauptet, "Homosexuellen"-Stück, sondern um eine Liebesgeschichte . "Wir betreiben hier keine Sexualaufklärung", so Rabl.

Und die von Erwachsenen und Kindern gleichermaßen eifrig beklatschte Uraufführung machte auch recht schnell klar: Bei "König und König" (Regie: Barbara Loibnegger) hat keine der in ihrer jeweiligen Landestracht aufmarschierten heiratsfähigen Prinzessinnen dem Prinzen aus dem Land Traumistan so gut gefallen wie der zum Schluss hereingewehte Prinz Herrlich, der Bruder einer Möchtegernbraut (Vera Schmidt). Obwohl die als Björk drapierte Grönlandprinzessin (Doris Warasin) in ihrem bemoosten Kleid und mit ulkigen Witzen wirklich sehr überzeugend war. Ihr (ausgestopftes) Herz geht an den Diener Lebrecht (Eduard Wildner).

Die Königinmutter (Tania Golden) quittiert die Wahl ihres Sohnes mit "Yes, Ha, Hucha. Yeah. Prost!" und führt das neue Paar zur Hochzeitsparty. Klar, wir sind in Traumistan, und da muss sich auch keine Monarchin um reale Gesetzeslagen kümmern. (Margarete Affenzeller / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.2.2008)