Bild nicht mehr verfügbar.

Wenn Franky Zorn umlegt, dann markiert stets das linke Ende des Lenkers das Ende der Schräglage.

Foto:Archiv

Zorn (37): "Für diesen Sport brauchst du Routine."

Saalfelden/Wien - "Wenn das Eis neu und schön ist", sagt Franky Zorn, "dann fährt man fast wie auf der Straße. Aber nach drei, vier Läufen reißt das Eis auf, es geht zu wie auf einer Motocross-Strecke. Es beutelt die ganze Maschine, und du kriegst Unterarme wie Popeye." Denn mit Speedway auf Sand oder Asche hat Eisspeedway wenig gemeinsam. "Speedway", erklärt Zorn, der zwar als Franz auf die Welt kam, aber seit alters her widerspruchslos Franky genannt wird, "ist eine reine Driftpartie, während der Fahrstil auf Eis dem auf der Straße ähnlich ist." Das liegt an den 28 Millimeter langen Spikes, die es, sofern sie Bodenkontakt haben, niemals zulassen würden, dass ein Rad zur Seite rutscht. Der Eisspeedwayfahrer ist in seiner Schräglage, die bis zu sechzig Grad betragen kann, aber insofern limitiert, als er größte Obacht geben muss, dass es den Lenker nicht fängt. Im Gegensatz zum Speedwaygerät verfügt Zorns Maschine über eine Federgabel und ein Federbein, andernfalls müsste sich Popeye ordentlich mit Spinat aufblasen, um sie zu bändigen. Bremsen braucht kein Speedwayfahrer. Es ist völlig ausreichend, die Kurven mit dem hochverdichteten Motor anzubremsen.

Zorn baut sein Motorrad großteils selbst. "Ich bin Motortuner, Konstrukteur und Fahrer", sagt der gelernte Mechaniker. Eingekauft wird ein Motorblock und ein Standardrahmen bei Jawa. Zorns 500-ccm-Einzylinder leistet 55 PS, damit liegt er an der Spitze, schließlich sind nur zwei Ventile erlaubt, der Vergaserquerschnitt ist limitiert. Getankt wird Methanol, geschmiert mit Rapsöl.

Material und Fahrstil

"Ganz wichtig ist es, dass das Material zum Fahrstil passt." Dass es passt, bewies Zorn vor zwei Wochen in Polen, als er eine Weltpremiere gab, als erster Nichtrusse Europameister wurde. Bereits im Jahr 2000 war er Vizeweltmeister. Hinter einem Russen.

"Das Ganze kostet eine Schweinekohle", sagt Zorn, dessen Erfolge ihm zwar Preisgelder und Sponsoren bescherten, "aber leben könnte ich nicht davon." Weshalb er nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere den Mechaniker macht. Ein einziger Spike samt Plattel und Alumutter beläuft sich auf fünf Euro. 170 Spikes stecken im Hinterrad, 120 im Vorderrad. Eine Saison schlägt mit rund 60.000 Euro zu Buche, "aber da hab ich noch kein Motorradl zusammengehaut".

Gestern, am Sonntag also, schraubte Zorn noch in seiner Garage, am Montag wird er auch noch schrauben, am Dienstag setzt er sich mit seinem Team - "zwei Mechaniker, ein Betreuer, ein Helfer und der Vater" - in den Bus und fährt nach Krasnogorsk im Großraum Moskau. Dort spielt's quasi Hollywood, am kommenden Wochenende findet die Mannschafts-WM statt. Für Österreich wirken neben Zorn noch Josef Kreuzberger und Harald Simon. Im Bus sitzt Zorn viel, viel öfter als auf seinem Eisen. In der Vorsaison kamen 36.000 Bus-Kilometer zusammen. Der Betriebsstundenzähler auf seiner Maschine steht gegenwärtig bei zehn. Die Saison dauert von Dezember bis Anfang April. Zorn strebt heuer noch den Einzel-WM-Titel an, der jenem gebührt, der bei den GPs in Saransk, Russland (23./24. 2.), Assen (8./9. 3.) und Berlin (15./16. 3.) die meisten Punkte sammelt. Problem: Bei der EM waren vier Russen zu besiegen, bei der WM sind es acht.

Passiert viel mit den Spikes? "Ja, sehr viel. Ich schlitz' mich jede Saison irgendwo auf. Und wenn es nicht im Rennen passiert, dann passiert es beim Montieren der Spikes." (Benno Zelsacher, DER STANDARD Printausgabe 11.02.2008)