Deutschland diskutiert wieder einmal das Thema Integration, insbesondere jene der Türken, der größten Minderheit im Land. Die Brandkatastrophe von Ludwigshafen ist das jüngste Ereignis, das die Haltungen zum gesellschaftlichen Miteinander (oder eben zu dessen Scheitern) klar hervortreten lässt. Selbst der türkische Ministerpräsident Erdogan griff ein und ließ sich die Gelegenheit zum gemeinschaftsstärkenden Bad in der Menge nicht entgehen.

Bei der sonntägliche Diskussion bei Anne Will waren die Fronten zu berechenbar besetzt, als dass viel Bewegung in die Debatte kommen konnte. Henryk M. Broder gefiel sich in der Position des Provokateurs und zeigte kein Verständnis für Erdogan, aber für Deutsche, die sich voll der Ressentiments gegen den Bau von Moscheen starkmachen. Dabei überraschte weniger Broders Haltung – die ist bekannt – als seine schiefe Argumentation: Christliche Missionare wären ja unlängst auch in der Türkei ermordet worden. Als würde das den um sein Viertel besorgten Bürger kümmern.

Hier werden kulturelle Differenzen einzementiert, da werden sie zu eilig von der Hand gewiesen. So funktioniert das im Fernsehen. Der hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir sprach davon, dass die multikulturelle Gesellschaft längst Realität sei – und das klang so, als müsse man nur da und dort eine Schraube nachziehen, schon würde das Ding ganz rund laufen. Es fiel dem Tatort-Darsteller Andreas Hoppe zu, vor derlei Pauschalisierungen zu warnen. Aber spezifische Ansichten haben es schwer, wo Alarmismus und Beschwichtigungsrhetorik das Feld bestimmen. (kam/DER STANDARD; Printausgabe, 12.2.2008)