VP-Stadtrat Miedl: über Meldezettel gestolpert. F.: Philipp, Montage: Friesenbichler

Foto: DER STANDARD/Philipp, Montage: Friesenbichler
Der Grazer ÖVP-Kulturstadtrat Werner Miedl zieht sich aus der Politik zurück. Er reagiert damit auf Vorwürfe, sein Hauptwohnsitz in Graz sei nur eine Scheinmeldung. Mit Miedls Abgang verschwindet auch eine Hürde auf dem Weg zu einer schwarz-grünen Stadtregierung.

*****

Graz - Der ÖVP-Stadtrat für Kultur und Schulen, Werner Miedl, gab am Montag bekannt, auf seine Wiedernominierung als Stadtrat durch Bürgermeister Siegfried Nagl zu verzichten. Auslöser für den plötzlichen Rückzug war ein Artikel in einer Grazer Wochenzeitung, in dem es hieß, Miedl wohne gar nicht in der 45 Quadratmeter großen Wohnung, in der er in Graz gemeldet sei, sondern in einem Einfamilienhaus in der Gemeinde Seiersberg in der Nähe von Graz.

In dem Bericht wurden auch Nachbarn der beiden Wohnsitze zitiert, die angaben, dass andere Leute in Miedls Wohnung lebten, er selbst aber mit seiner Lebensgefährtin in Seiersberg. Dass eine Scheinmeldung in jener Stadt, in der man sich in den Gemeinderat wählen lässt, zu einem Mandatsverlust führen kann, dürfte der Stadtrat und karenzierte Polizist durchaus gewusst haben.

Die Karriere des 52-jährigen Politikers, der 1983 erstmals für die ÖVP in den Gemeinderat einzog und 2005 dem in die Landesregierung abgewanderten Christian Buchmann als Stadtrat folgte, endete nun überraschend schnell. Nachdem ihm auch Bürgermeister Nagl in keiner Weise die Stange hielt, sondern die neuerliche Nominierung Miedls schon am Sonntag infrage stellte, gab Miedl am Montag auf: Per Aussendung verteidigte er sich damit, dass Graz immer sein "Lebensmittelpunkt" gewesen sei. "Trotzdem hat mein Wohnverhalten meinen Gegnern es ermöglicht, einen Angriffspunkt gegen meine Person zu finden", so der Stadtrat bitter.

"Sorgenkind"

Wen Miedl mit seinen Gegnern meint, lässt er unausgesprochen. Bekannt ist jedenfalls, dass Nagl mit dem Abgang Miedls, der ab 1. April wieder als Polizist arbeiten will, einige Sorgen weniger hat. Nicht nur weil Miedl, der sich gerne als "Law-and-Order"-Mann präsentierte, umstritten war: In der Grazer Kulturszene löste er laute Proteste aus, weil er ein - mittlerweile pleite gegangenes - Musical-Festival mit Uwe Kröger großzügig und ohne die Zustimmung des Kulturbeirates der Stadt förderte. In Volksschulen, von denen in Graz viele Sanierungsbedarf haben, versuchte er mit einem Feng-Shui-Projekt zu punkten.

Aber darüber hinaus hat Nagl nun die Chance, doch noch eine QuotenFrau in den Stadtsenat zu setzen, und: Für Schwarz-Grün gibt es ein Hindernis weniger. Denn die Wahlgewinnerin der Grünen, Lisa Rücker, gab schon vor der Wahl wiederholt an, dass ihre Fraktion nur "ohne Miedl" und mit einem Bekenntnis zur Frauenpolitik mit der ÖVP zusammenkommen könne. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 12.2.2008)