Tucson/Wien - Wissenschaftler der University of Arizona in Tucson haben in einer aktuellen Freiland-Untersuchung nachgewiesen, dass der Einsatz von gentechnisch veränderter Bauwolle zu Resistenzbildungen beim Baumwollkapselbohrer (Helicoverpa zea ), einer Schmetterlingsart, führt. Diese Raupe ist der Hauptschädling in der Baumwollproduktion.

Die genetisch manipulierte Baumwolle produziert das Toxin Bacillus-thuringensis (Bt), das eigentlich Schädlinge töten sollte. Die Studie wurde vom Entymologen Bruce Tabashnik vom College of Agriculture and Life Sciences durchgeführt.

"Die Evolution der Insektenresistenz bedroht den Erfolg der genetisch veränderten Pflanzen, die das Bt zur Abwehr gegen Schädlinge produziert", berichtet Tabashkin. In den Tests untersuchte das Forscherteam, welche Bt-Konzentration nötig war, um die Hälfte der Insekten zu töten. Dabei zeigte sich, dass einige in den Jahren 2003 und 2004 in den US-Bundesstaaten Arkansas und Mississippi gesammelte Baumwollkapselbohrer dafür viel mehr Bt-Toxin fressen mussten als jene Insekten, die noch nie damit in Berührung gekommen waren.

Von Resistenzen sprechen Forscher dann, wenn zehn Mal mehr Gift nötig ist. Bei je zwei Kapselbohrer-Gruppen waren es mehr als 50 Mal soviel, mehr als 100 Mal so viel und mehr als 500 Mal so viel. In Tieren, die 2005 und 2006 im Feld gesammelt wurden, sogar 1.000 Mal mehr.

Erster nachgewiesener Fall

"Unsere Analyse zeigt, dass Laborversuche mit Helicoverpa zea den ersten Fall einer in freier Natur entstandenen Resistenz gegen das Bt-Gift einer transgenen Pflanzen dokumentieren", so Tabashnik. Die Bt-Toxine, die von insektenresistenten Gentech-Pflanzen produziert werden, unterscheiden sich von den sonst in der Landwirtschaft eingesetzten Bt-Toxinen dadurch, dass sie ein breiteres Spektrum von Insekten treffen.

"Aus dieser Erbanlage entsteht ein Protein, das Zellen im Darm der Schädlinge zerstören soll, in diesem Falle beim Baumwollkapselbohrer", erklärt der Gentechnik-Experte Werner Müller von EcoRisk. "Die Schädlinge sind permanent den von den Pflanzen produzierten Giften ausgesetzt und werden dagegen immun." Mit der Zeit könne dies zur massiven Ausbreitung der resistenten Exemplare führen.

Mehr statt weniger Pestizide

"Wieder erweist sich der von der Biotech-Industrie versprochene Nutzen der Gentechnik in der Landwirtschaft als leeres Versprechen", so Jens Karg, Gentechnik-Sprecher von Global2000. "Anstatt einem verringerten Einsatz von Pestiziden, wird die Resistenzbildung der Schädlinge es notwendig machen, immer mehr und stärkere Giftstoffe einzusetzen."

Eine weit verbreitete Resistenz unter Schädlingen sei eine ernsthafte Bedrohung für eine nachhaltige und umweltfreundliche Landwirtschaft, da diese die Möglichkeit verlieren würde, das natürliche Bt-Mittel wie bisher im Sprühverfahren zu nutzen. "In seiner natürlichen Form wird Bt schon seit den 50er Jahren von Landwirten, die biologische und andere naturnahe Anbaumethoden betreiben, als Spray verwendet", so Karg. Der Spray töte Schädlinge, ohne dabei andere Tiere zu gefährden.

"Die im Labor schon vor mehreren Jahren nachgewiesene Resistenzbildung von Schädlingen wurde häufig als unproblematisch abgetan, weil es keine nachgewiesenen Resistenzen im Freiland gab", so Müller. Mit dieser Arbeit werde jedoch gezeigt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Resistenzen auch im Freiland entstehen. "Die heute veröffentlichten Untersuchungen beziehen sich auf Feldproben von 2005 und 2006. Das heißt, dass die Resistenz heute schon viel weiter fortgeschritten ist. Die Strategie der Biotech-Unternehmen, nun mehrfach Gifte in Gentechpflanzen einzubauen, ist insofern problematisch, da diese Pflanzen auch für Futtermittel zum Einsatz kommen und somit in die Nahrungskette gelangen." (pte/red)