Es ist vielleicht abzulehnen, Peter Paul Rubens’ Pelzchen zu versilbern oder Hieronymus Boschs Weltgerichtstriptychon zu verscherbeln, nur um etwa Budgetkrater zu stopfen, die ein Dilettant beim Autobahnbau geschlagen hat. Und wahrscheinlich käme auch kein Direktor (auch kein kaufmännischer) des Kunsthistorischen Museums oder der Gemäldegalerie oder sonst einer Institution auf eine derartige Idee, und wahrscheinlich gehen selbst die verwegensten Spin-Doktoren noch nicht so weit, ihren Patienten solch brachiale Kuren zu verordnen.

Womöglich aber hat sich schon so mancher Schöngeist in leitender Funktion beim Gang durch die berstend vollen Depots seiner Institution heimlich ausgemalt, welche Preziosen er am freien Markt erstehen könnte, müsste er das Prinzip der Unveräußerlichkeit öffentlichen Kulturguts nicht ganz so ernst nehmen, könnte er bloß einige der vor sich hin verstaubenden Schinken, der sich türmenden Porträtbüsten, der bleichen Radierungen gewinnbringend loswerden, um derart endlich Platz und Mittel für Neues zu schaffen. Aber, so die gängigen Einwände, Identität nicht nur der Sammlung, sondern gleich der ganzen Nation ginge da verloren – der Zeitgeschmack würde jedes kunsthistorische Bemühen zerstören. Die Heimat wäre dann nicht mehr heimatlich.

All das mag zutreffen, wem aber fehlt das Pelzchen wirklich? Ist Österreich tief erschüttert, nur weil Adele – aus ganz anderen Gründen – jetzt nicht mehr in Wien hängt? Und reisen Liebhaber wie Forscher nicht ohnehin so gerne wie permanent den Objekten ihrer Begierde nach? Also: Lieber gleich alles an die Vereinigten Arabischen Emirate verkaufen und den Gewinn in die Gegenwart investieren. Auf dass die recht teuer wird, berühmt und absetzbar. (Markus Mittringer, DER STANDARD/Printausgabe, 13.02.2008)