Alte Bücher sind kostbar. In Bibliotheken hegen Buchpfleger diese Schätze.

Foto: APJens Meyer
Die Turbulenzen an den internationalen Börsen tangieren ihn nur peripher. Denn er hat sein Kapital solide angelegt. Gebunden – zwischen alten Buchdeckeln. Vor 25 Jahren wurde Josef M. von einer Sammelleidenschaft gepackt, und seitdem befindet er sich auf der Jagd nach alten Büchern. Schwerpunkt: Literatur des 19. Jahrhunderts, Erstausgaben. Riesengewinne wird der emeritierte Uniprofessor allerdings nicht erzielen, denn die Wertsteigerung ist bescheiden. Mehr als ein- bis zweitausend Euro habe keines der Exemplare gekostet, und viel mehr würde er heute auch nicht dafür bekommen, gesteht der bibliophile Feinspitz. Verkaufen komme für ihn auch gar nicht infrage, "denn Anreiz war nie Gewinn, sondern die Freude an schönen, alten Büchern und der Sammeltrieb", schmunzelt der ältere Herr und zeigt stolz auf seine Bibliothek, die fast ein ganzes Zimmer der kleinen Wohnung ausfüllt.

Schwieriges Geschäft

"Das Geschäft mit alten Büchern ist generell schwieriger und der Markt kleiner geworden", sagt Andreas Moser, der ein Antiquariat im ersten Wiener Gemeindebezirk betreibt. "Die gut verdienende Bürgerschicht schrumpft ebenso wie die Größe der Wohnungen. Platz für große Bibliotheken hat heute kaum mehr jemand", begründet Moser den spürbaren Geschäftsrückgang. Zudem habe der rege Handel und die vereinfachte Suche im Internet in den vergangenen Jahren zu einer fast 50-prozentigen Senkung des Durchschnittspreises für antiquarische Bücher geführt.

"Natürlich werden nach wie vor auch sehr hohe Margen mit alten Büchern gemacht, doch das sind meist Einzelfälle", betont Norbert Donhofer, Vorsitzender des Verbandes der Antiquare Österreichs. Ein legendäres Beispiel: der amerikanische Schmuckhändler Joseph A. Freilich. Um alles über die Herkunft seiner Schmuckstücke zu erfahren, kaufte Freilich alle wichtigen Bücher zu den Themen Bergbau, Geologie und Mineralogie auf. Innerhalb von fünf Jahren steckte er mehr als sieben Millionen Dollar (4,8 Mio. Euro) in das Unternehmen. Im Jahr 2000 war sein Wissensdurst gestillt, und er verkaufte die Bibliothek wieder – um fast elf Millionen Dollar. Ein Traum für jeden Aktionär.

Blue Chips und Buch-Blasen

So wie auf der Börse gibt es aber auch am Buchmarkt Blue Chips und "platzende Blasen". Zu den Blue Chips zählen sehr alte Bücher mit Seltenheitswert. So ist die Nachfrage nach Inkunabeln (Druckwerke aus den ersten 50 Jahren nach Erfindung des Buchdruckes im 15. Jh.) nach wie vor ungebrochen. Gut und teuer sind auch Handschriften aus dem Mittelalter, alte Kartenwerke und kunstvoll illustrierte naturwissenschaftliche Bücher. "Da wird allerdings in einer Preisliga gespielt, zu der nur wenige Zutritt haben", sagt Donhofer zum Standard. So hat etwa Bill Gates 1994 das Notizbuch von Leonardo da Vinci um 30 Mio. Dollar ersteigert. Das teuerste Druckwerk der Welt ist derzeit die Gutenberg-Bibel, von der noch ca. 42 Stück im Umlauf sind. Der Preis wird auf 40 bis 50 Mio. Euro geschätzt.

Auch mit moderner Literatur können satte Gewinne erzielt werden: Eine Erstausgabe des ersten Harry-Potter-Bandes wurde in einem texanischen Auktionshaus für 33.460 Dollar verkauft. Ob allerdings Potter auch noch bei den nächsten Generationen so begehrt bleibt, ist fraglich. "Diese Blase wird rasch platzen", vermutet Donhofer. Denn Garantien gebe es auch am Buchmarkt keine.

Der Wert von Büchern richtet sich nach Alter, Seltenheitswert und Zustand des Werkes. Aber auch im Handel von antiquarischen Büchern sind Modetrends spürbar, und es gelten die Gesetze von Angebot und Nachfrage. So verstaubten etwa in den Jahren, in denen Claus Peymann das Wiener Burgtheater leitete, Österreichs Klassiker in den Regalen der Antiquariate. Seitdem Grillparzer und Nestroy wieder auf dem Spielplan der Burg stehen, würden sie auch in Buchform wieder stärker gefragt. (Astrid Kasparek, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.02.2008)