St. Pölten/Spitz an der Donau - Trotz seiner "betont weiblichen Aufmachung" stamme das Billett zur Giftpraline wohl von einem Mann, sagt Ernst Schuch vom niederösterreichischen Landeskriminalamt. Vier Tage nach dem Strychninanschlag auf den Spitzer Bürgermeister, Hannes Hirtzberger (ÖVP), sei es am Mittwoch gelungen, auf der "Vordruck-Grußkarte mit zwei händisch aufgemalten roten Herzen" männliche DNA-Spuren zu isolieren. "Ich hatte von Anfang an nicht auf die Frauenspur gesetzt, mit der vielfach spekuliert wurde", meint Schuch im Standard-Gespräch.

Suche im Berufsumfeld

Damit stehe definitiv nicht mehr das Privatleben Hirtzbergers, sondern zunehmend "sein Berufsumfeld" im Mittelpunkt der polizeilichen Ermittlungen. Wie berichtet, war der 55-jährige Politiker und Rechtsanwalt am Samstag im Ortszentrum von Loiben in der Wachau aus seinem Auto gekippt und vor Passanten zusammengebrochen: Kurz davor hatte er eine Mon-Chéri-Praline genascht, die ihm ein bislang noch Unbekannter samt Herzchen-Grußkarte in einem Umschlag an die Windschutzscheibe geheftet hatte. Das Strychnin führte bei Hirtzberger zu einem Herzstillstand. Er wird im Kremser Landeskrankenhaus auf der Intensivstation behandelt. Er befindet sich nach wie vor im künstlichen Tiefschlaf.

Der Mann, der die Spuren auf der Grußkarte hinterließ, müsse "nicht unbedingt der Täter sein", betonte Ermittler Schuch am Mittwoch - "auch wenn wir vom kriminalistischen Standpunkt aus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen". Ein erstes Abgleichen mit den bestehenden DNA-Datenbänken ergab keine Übereinstimmung. Also werde man jetzt darangehen, "Alibis von Männern zu überprüfen und Personen nach etwaigen Beobachtungen zu befragen". Gelingt es, so den Hinterlasser der DNA-Spuren zu finden, gilt die Übereinstimmung in einem etwaigen Verfahren nicht als Beweis, sondern als starkes Indiz.

Für keine gute Idee hält Schuch den kolportierten Plan, den Giftattentäter durch Massen-DNA-Tests zu fassen. "Eine solche Maßnahme würde einen tiefen Eingriff in die Rechte vieler unbeteiligter Menschen darstellen. Er darf nur allerletztes Mittel sein. Man kann nicht die Wachau absperren und allen Männern Speichelproben abverlangen."

Am Mittwoch wurden auf der Mon-Chéri-Hülle auch Spuren von Strychnin gefunden. Dies erhärtet den Verdacht, dass das Gift mit einer Injektionsnadel in die Schokolademasse eingespritzt wurde. Trotz der "Brisanz des Falles" wolle man aber nicht alle paar Stunden neue Erkenntnisse kommentieren, hieß es dazu bei der niederösterreichischen Sicherheitsdirektion. (Irene Brickner, DER STANDARD - Printausgabe, 15. Februar 2008)