Im Gespräch mit Irene Brickner lobt sie das nö. Kinderbetreuungsmodell - mit Einschränkungen.

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STANDARD: Frau Dörfler, lösen Kindergartenplätze für alle über Zweieinhalbjährigen, wie es sie in Niederösterreich ab Herbst 2008 geben soll, die Betreuungsprobleme berufstätiger Eltern?

Dörfler: Immerhin ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Noch besser wären Kindergartenplätze für alle ab zwei Jahren, da mit dem zweiten Lebensjahr des Kindes der arbeitsrechtliche Schutz der Eltern endet. Die meisten Frauen wählen beim Kindergeld ja weiter die Maximallänge von zweieinhalb Jahren. Also klafft hier oft ein Loch, das ihnen den Wiedereinstieg in den Job erschwert.

STANDARD: Für noch kleinere Kinder von ein bis drei Jahren gibt es in Niederösterreich vor allem Tagesmütter als Betreuungsangebot. Ist das gut so?

Dörfler: Von den Förderangeboten her ist das niederösterreichische Tagesmuttersystem österreichweit fast vorbildlich. Wo es krankt, ist die Ausbildung der Tagesmütter. 30 Stunden wie derzeit sind eindeutig zu wenig.

STANDARD: Bemerkenswert ist, dass in Niederösterreich nur vier Prozent der Frauen schon ein bis eineinhalb Jahre nach der Geburt wieder arbei-ten gehen wollen. Wie erklären Sie das?

Dörfler: In Österreich gibt man Kinder meist aus erzieherischen Gründen in den Kindergarten - also weniger, weil sie aufgrund von Berufstätigkeit der Mütter betreut werden müssen. Da macht Niederösterreich keine Ausnahme. Die meisten Erwachsenen in Österreich glauben außerdem, dass unter Dreijährige die Betreuung durch nur eine Person, also die Mutter, brauchen. Dabei widersprechen Studien heute dieser Ansicht, vor allem, wenn die Kinder schon älter als ein Jahr sind.

STANDARD: Wie beurteilen Sie das niederösterreichische Kinderbetreuungsmodell mit seinem Gratiskindergartenangebot am Vormittag?

Dörfler: Auf jeden Fall positiv. Gratisangebote sind der richtige Weg - mit gratis und ganztags als Ziel. Es liegt auf der Hand, dass es für Unternehmer ein Problem ist, wenn alle Frauen mit Kindern nur zwischen acht und zwölf Uhr bei ihnen arbeiten wollen. Und nur dann arbeiten können, weil ihnen sonst die Kinderbetreuung fehlt. Wenn das gratis nicht geht, wäre eine niedrige Deckelung der Kosten gut. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.2.2008)