Bild nicht mehr verfügbar.

Arbeitete für den KP-Geheimdienst: Ex-Premier Schan Widenow.

Foto: AP
Der sozialistische Ex-Regierungschef Schan Widenow (1995-97), 29 ehemalige Minister, aber auch der gegenwärtige Botschafter bei der Nato und zwei jetzige Vize-Außenminister gehören zu den 107 Regierungsmitgliedern seit 1990, die vor der Wende Mitarbeiter des kommunistischen Geheimdienstes in Bulgarien waren. Das hat die Parlamentskommission für die Offenlegung der bulgarischen Geheimdienst-Akten jetzt bekannt gegeben.

Es ist ein weiterer Stapel von Beweisen zur Spitzelvergangenheit von Personen in führenden Positionen und Meinungsbildnern in Bulgarien: In den zehn Monaten ihrer bisherigen Arbeit hat die Kommission schon eine ganze Reihe von Parlamentariern, Parteimitgliedern und Spitzenpolitikern als ehemalige Geheimdienstmitarbeiter aufgedeckt.

Verwaltet von Ex-Geheimdienstlern

Die Akten lagern immer noch in neun verschiedenen Archiven und werden von Ex-Geheimdienstlern verwaltet. Jedes Dokument, das die Kommission prüfen will, muss dort beantragt werden. Deshalb kommt es immer wieder zu Spekulationen, dass die Listen der Durchleuchteten nicht vollständig seien, wie jetzt etwa bezüglich bestimmter Minister der Regierungen Kostow und Sakskoburggotski.

Staatspräsident Georgi Parwanow, dessen frühere Spitzeltätigkeit (Deckname "Goze") schon seit längerem bekannt ist, sieht indes keinen Anlass zur Selbstkritik. "Welcher normale Mensch interessiert sich für kommunistische Geheimdienstakten?", fragte wiede- rum Regierungschef Sergei Stanischew, als er vor den Kommunalwahlen im Herbst auf die Vergangenheit sozialistischer Kandidaten angesprochen wurde. Jetzt bekundet er sein Vertrauen zu den sieben ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern unter seinen Vize-Ministern.

Und trotz des Verdachts, dass das jetzige Nato-Mitglied Bulgarien Informationen aus der Allianz an den früheren Verbündeten Russland weitergibt, muss Lubomir Iwanow, bulgarischer Botschafter bei der Nato und ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter, nach derzeitigem Stand nicht um seinen Posten bangen. (Diljana Lambreva aus Sofia, DER STANDARD, Printausgabe 18.2.2008)