Keine Ostalgie
"Was wir hier machen, hat mit Ostalgie aber auch gar nichts zu tun", betont Urban. Wer Schule noch aus DDR-Zeiten kennt, fühlt sich zurückversetzt, wenn er den Klassenraum im Schulmuseum betritt. Alles ist authentisch - die für den heutigen Geschmack hässlichen Vorhänge aus dem einst in der DDR erfundenen Gewebe Malimo, die Schulmöbel, sogar die Grünpflanzen. Auch das Schulbuch ist echt.
Urban, die früher Musik und Französisch an zwei Leipziger Schulen unterrichtete, zeigt den mit Pioniertüchern ausgestatteten Jugendlichen eine Welt, die sie nur noch vom Hörensagen kennen. Exemplarisch und teils auch zugespitzt wird der DDR-Schulalltag nachgespielt. Etwa die Ausgrenzung und Diskriminierung des einzigen Nichtpioniers in der Klasse, dessen Situation in dem Rollenspiel zur Zivilcourage herausfordert.
Zivilcourage
Eine Chance, die die Jugendlichen von heute in dem nachgespielten Unterricht aber nicht ergreifen. Sie bleiben stumm. "Noch nie hat jemand aufbegehrt", sagt Urban. Sie hofft, dass mit diesem Projekt die Schüler zu ahnen beginnen, was Schule in der Diktatur heißt, und warum für die Elterngeneration Widerspruch so schwer war.
Im vorigen Jahr wurde das Museum mit dem erstmals ausgeschriebenen sächsischen Förderpreis für Demokratie ausgezeichnet. Den vom Freistaat und mehreren Stiftungen ausgelobte Preis ist dem Haus für sein Ausstellungsprojekt "Gegen den Strom - Schule im Widerstand" verliehen worden. Die Ausstellung trage dazu bei, für jegliche Form von Gleichschaltung und Unterdrückung zu sensibilisieren, hieß es zur Begründung. In den Blick genommen werden die NS-Zeit und die DDR.
Zahlreiche Schulmuseen
Nicht nur die DDR-Bildung wird im Schulmuseum verhandelt. Wie zu Kaisers Zeiten "Zucht und Ordnung" herrschten, wird gleichfalls in einer Unterrichtsstunde nachgespielt. In einem besonderen Projekt haben sich die Museumsleute der Geschichte der jüdischen Bürger von Leipzig angenommen. Akribisch erforschten sie deren Wohnorte und das Schicksal vor allem von Kindern und Jugendlichen, die von den Nazis deportiert wurden. Museumsbesucher haben die Möglichkeit nachzuschlagen, ob es in ihrer Nähe einst jüdische Nachbarn gab. Ihnen zum Gedenken können sie mit Botschaften versehene Taschentücher an die Zweige eines Baumes knoten.