Microsoft will sich mit einem umfassenden Strategiewechsel für Partner und Wettbewerber öffnen und viele bisher als Betriebsgeheimnisse gehütete Informationen offenlegen. Das kündigte Microsoft-Chef Steve Ballmer gemeinsam mit Bill Gates-Nachfolger Ray Ozzie in einer Telefonkonferenz am Donnerstag in Redmond an.

Vier Bereiche

Die Initiative umfasse vier Bereiche: Microsoft werde künftig offene Verbindungen gewährleisten, die Übertragbarkeit von Daten vorantreiben, Industrie-Standards umfassend unterstützen sowie sich offener mit den Anforderungen der Kunden und der gesamten Branche auseinandersetzen, sagte Ballmer. Dies schließe auch die Open-Source-Gemeinschaft mit ein, die Microsoft bisher als Wettbewerber bekämpft hatte.

"Keine Angst vor Klagen"

Open Source-Entwickler können kostenlos die Microsoft-Dokumente und Implementierungen nutzen, um eigene Implementierungen zu erstellen - sofern diese nicht-kommerziellen Interessen erfüllen. "Somit muss niemand Angst vor möglichen Klagen haben", meinte Ballmer. Die Offenlegung der Implementierungen und Schnittstellen betrifft die beiden großen Standbein Microsofts: Office und Windows.

Lizenzmodelle

Für kommerzielle Anbieter soll es ein "einfache und kostengünstiges Lizenzmodell" geben. Auch hier will man dem Mitbewerb entgegenkommen und fair sein. Selbst Anwender oder Firmen, die Implementierungen nutzen, die von einem Anbieter kommen, der keine Lizenz erworben hat, können selbst ihre Implementationen lizenzieren lassen.

Wichtiger Schritt

"Diese Bewegungen sehen wir als wichtigen Schritt an. Sie zeigen einen signifikanten Wechsel, wie wir Informationen über unsere Produkte und Technologien mit anderen teilen", sagte Ballmer. Microsoft habe zwar auch in den vergangenen 33 Jahren mit Kunden und Partnern Informationen ausgetauscht und dabei eine ganze Industrie aufgebaut. "Die heutige Ankündigung steht aber für eine signifikante Erweiterung unserer Transparenz."

32.000 Seiten

Ab sofort stehen nicht weniger als 32.000 Seiten an technischer Dokumentation auf der Microsoft-Homepage bereit. Interessierte können kostenlos Einblick in die Arbeiten des Redmonder Softwarekonzerns erhalten. Das Angebot soll in den kommenden Wochen und Monaten noch wesentlich erweitert werden, so Ray Ozzie.

Schlussstrich

Beobachter gehen davon aus, dass Microsoft mit Hilfe des angekündigten Strategiewechsels unter anderem auch einen Schlussstrich unter verschiedene Wettbewerbsverfahren ziehen möchte. So hatte zuletzt die Europäische Kommission im Jänner Microsoft mit hohen Bußgeldern gedroht, weil der Softwaregigant die Herausgabe von Schnittstellen-Informationen an Wettbewerber verweigert hatte.(apa/DPA)