Gier frisst Hirn – dies zeigt sich derzeit nicht allein in der deutschen Steueraffäre. Auch SPD-Chef Kurt Beck und die hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti sind von diesem Virus befallen. Anders lässt sich nicht erklären, warum die beiden nun lancieren, Ypsilanti solle sich von der Linkspartei zur hessischen Ministerpräsidentin küren lassen – ausgerechnet ein paar Tage vor der Hamburger Bürgerschaftswahl.

Klar, man kann die Befindlichkeit von Beck und Ypsilanti schon nachvollziehen. Seit die SPD Juniorpartner in der großen Koalition ist, schwächelt sie in Umfragen, während die CDU sich oben halten kann. Was Beck auch macht, Kanzlerin Angela Merkel kann es besser. Und dann plötzlich, bei der Hessen-Wahl, fällt die SPD in ein Schaumbad voller Glück: Der neuen Hoffnungsträgerin Ypsilanti gelingt es fast, Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) aus dem Amt zu jagen. Aber eben nur fast, denn die CDU bleibt ganz knapp stärkste Partei. Auch wenn er keinen Koalitionspartner findet, kann Koch als geschäftsführender Ministerpräsident noch Jahre im Amt bleiben.

Gewiss, für die SPD ist das keine schöne Aussicht. Aber die Idee, sich mithilfe der Linken wählen zu lassen, um Koch loszuwerden, ist eine Schnapsidee. Nicht mit den Linken, hat Ypsilanti vor der Wahl gefühlte 50.000 Mal verkündet. Ein solch politischer Umfaller wäre Gift für die SPD, die sich gerade wieder ein bisschen erfängt und außerdem eine Steilvorlage für die CDU. Gnadenlos (und völlig zu Recht) könnte sie bis zur Bundestagswahl 2009 trommeln: Schaut Euch diese Opportunisten an, im Bund werden sie es 2009 genauso machen!

Bessere Wahlhilfe für die CDU gäbe es kaum. Deshalb müssen Beck und Ypsilanti erkennen: Ein bisschen schwanger kann man nicht sein. Wer vor einer Wahl jegliche Kooperation mit der Linkspartei ausschließt, muss sich nach der Wahl daran halten und nicht ein kleines Hintertürchen zur Macht offen lassen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24.2.2008)