Ein Teil der Demoteilnehmer versuchte zur US-Botschaft zu marschieren.

Foto: Christian Fischer

Die Polizei stoppte den Zug.

Foto: Christan Fischer

Wien - In der Auslage des Café Alba liegen zwischen den Glassplittern traurig anmutende Ostereier auf einer grünen Papierwiese. Die Scheiben des Lokals in der Ottakringer Straße im 16. Wiener Gemeindebezirk, das von Kosovo-Albanern frequentiert wird, sind zerborsten. „Sie haben alles geschmissen, Bierflaschen, Steine, Feuerzeuge“, erzählen die Kosovaren, die mitten in den Scherben stehen. Zunächst seien die meisten serbischen Demonstranten am Lokal vorbeigezogen, danach sei eine Gruppe aber wieder zurückgerannt und habe begonnen, das Café zu attackieren. Die Polizei sperrte einen Teil der Ottakringer Straße ab. Jugendliche mit serbischen Fahnen um die Schultern posierten – die drei Finger zum Tschetnik-Gruß erhoben – vor den Polizisten. „Wir haben ihn, wir haben ihn“, ruft ein Polizist und kommt zum Alba gelaufen, um den Albanern von einer Verhaftung zu erzählen. „Super, jetzt brauche ich nur noch sein Foto“, sagt einer der Kosovaren. „Wir werden Rache üben.“

Insgesamt wurden bei der serbischen Demonstration gegen die Unabhängigkeit des Kosovo in Wien sechs Personen festgenommen, bis zu 20 Personen wurden angezeigt, mehrere Personen wurden verletzt. Die an sich friedliche Kundgebung von tausenden Serben war eskaliert, nachdem bis zu 400 Jugendliche nach dem offiziellen Demo-Ende durch die Stadt zogen und sich in Wien-Ottakring und nahe des Westbahnhofs Schlägereien mit der Polizei und jungen Kosovo-Albanern lieferten.

Es kam zu heftigen Raufereien zwischen Polizisten und den Demonstranten, wobei auch die Beamten durchaus heftig zupackten. So wurde ein rund 15-jähriger Bursch in Handschellen in einen Hauseingang gezerrt und von Beamten attackiert.

Ältere Teilnehmer an der Kundgebung versuchten, die aufgebrachten Randalierer zu beruhigen und von weiteren Gewaltakten abzuhalten.

Schlägerein auf der Mariahilfer Straße

Auch auf der Mariahilfer Straße lieferten sich jugendliche Serben und Kosovo-Albaner Schlägereien. Laut Polizei wurde am Sonntagabend auch eine Kundgebung von etwa 50 Kosovo-Albaner in der Nähe des Westbahnhofs aufgelöst. Die Kosovaren hatten unter anderem eine serbische Fahne verbrannt und waren in Raufereien mit serbischen Demonstranten verwickelt gewesen.

Die Veranstalter der friedlichen Kundgebung auf dem Heldenplatz gegen die Unabhängigkeit des Kosovo distanzierten sich am Abend von den gewaltsamen Vorfälle "auf das Schärfste", wie Darko Miloradovic von der "Serbischen Gemeinschaft" betonte. Es seien kleinere Gruppen von Jugendlichen gewesen, die eine an sich friedliche Veranstaltung für "Recht und Gerechtigkeit" eskalieren hätten lassen. Miloradovic bedauerte auch, dass es verletzte Polizisten gegeben habe. "Wir danken der Polizei für ihren Einsatz."

Behinderungen im öffentlichen Verkehr

Am Straßenrand hatten sich während des gesamten Verlaufs zahlreiche Schaulustige eingefunden. Deren Reaktionen waren unterschiedlicher Natur. Zum Teil gab es "Szenenapplaus" für den serbischen Protest, es waren aber auch weniger wohlmeinende Zwischenrufe wie "Schleicht's eich endlich ham" zu hören.

Im Verlauf der gesamten Demo gab es sowohl unter den Demonstranten als auch der Exekutive Verletzte. So mussten mindestens zwei Polizisten verarztet werden. Die Polizei löste die Demonstration gegen 18.30 auf.

Keine Zwischenfälle in Salzburg

Über 2.000 Serben aus Salzburg, Oberösterreich, Tirol und eine kleine Gruppe aus Bayern, protestieren am Sonntagnachmittag fast zwei Stunden in der Salzburger Innenstadt gegen die Unabhängigkeit des Kosovo. Der Protestmarsch mit Sprechgesängen und Trillerpfeifen verlief friedlich, nennenswerte Zwischenfälle gab es keine, so der Einsatzleiter der Polizei, Peter Riepl.

Der Protestzug, der fast einem einem Familienausflug glich, begann am Residenzplatz, führte über die Staatsbrücke zum Platzl, Makartplatz und wieder retour zum Residenzplatz, wo die Schlusskundgebung stattfand. Auf Transparenten stand unter anderem zu lesen: "Völkerrecht gilt auch für Serbien", "Kosovo ist Serbien", "Stop mit falschen Medien". Begleitet wurde die Veranstaltung mit Gesängen wie "Albaner wollen Kosovo, Kosovo ist serbisch" und serbischen Liedern. In Sprechchören riefen die Demonstranten "Kosovo ist serbisch und wird es für immer bleiben".

Die zahlreich anwesende Polizei - unter ihnen die Sondereinheit "Taurus" - musste nicht eingreifen. Nur zum Abschluss der Demonstration wurde noch versucht, ein US-Banner anzuzünden - sie brannte zur Hälfte ab und erlosch dann. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, Printausgabe 25.2.2008/red/APA)