Aiginger: Teilweises Vorziehen möglich
Moderater gaben sich die Präsidenten von Wirtschaftskammer und ÖGB, Christoph Leitl und Rudolf Hundstorfer. WIFO-Chef Karl Aiginger wiederum meinte, eine Steuerreform müsse gut vorbereitet sein, 2010 wäre der richtige Zeitpunkt, allerdings könnte man Teile vorziehen. Außerdem sollte die Verwaltungsreform weitergeführt werden.
Stummvoll zeigte sich von der Ankündigung Gusenbauers überrascht, sprach von einem "Mangel an Führungskompetenz" und bezeichnete ein Vorziehen als "nicht durchführbar". Von "Beleidigtsein" könne überhaupt keine Rede sein, es handle sich aber um eine "unseriöse, miese Vorgangsweise des Regierungschefs", wenn man diese Absicht des Vorziehens als Koalitionspartner aus dem Fernsehen erfahre. Außerdem gebe es keinen konkreten Vorschlag von Gusenbauer. Eine Steuerreform müsse man sich zuerst erarbeiten.
Matznetter: Scharmützel interessieren nicht
Matznetter meinte, "Scharmützel dieser Art interessieren die Leute nicht", wenn man ein Problem erkenne, müsse man dieses auch lösen. Dabei gehe es nicht um Stilfragen, "da kann man auf Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen. Sagen Sie nicht Nein, sagen Sie Ja. Morgen gehen wir die Dinge an, die Lösung der Gesundheitsprobleme und die Steuerreform", sagte er zu Stummvoll. Das Defizit sei gesunken, es gebe Mehreinnahmen von 1,7 Milliarden im Budget. "Daher ist das kein Geschenk" an die Menschen, wenn man ihnen zwölf Monate früher die kalte Progression abfedere.
Leitl forderte die Regierung auf, nicht zu streiten und sich zu "befetzen", sondern etwas weiter zu bringen. "Das heißt auch eine Vertrauensgrundlage haben". Was ihn störe, seien "Hüftschüsse".
Hundstorfer im Clinch mit Stummvoll
Hundstorfer gab Stummvoll Recht, dass sich eine Steuerreform zu 40 Prozent refinanziere, weil die Menschen durch eine Entlastung wieder mehr investierten. Umso besser wäre ein Vorziehen. Der ÖGB-Chef verteidigte auch den von Stummvoll kritisierten Gusi-100-er. "Eine einmalige Maßnahme hilft einer Million Menschen, die armutsgefährdet ist. Sie sagen Nein zur Kurzfristigkeit und Nein zur Langfristigkeit."
Stummvoll konterte, dass die ÖVP "Ja zur Nachhaltigkeit" sage. Auf die Frage, ob es bei einer Nichteinigung zu Neuwahlen kommt, meinte Stummvoll, es werde sich bei der Gusenbauer-Ankündigung nur um eines jener Versprechen handeln, "das er nicht einhalten wird können". Die SPÖ solle auch nicht so tun, als sei sie für die Menschen da und die ÖVP nicht. "Wenn Sie heute Milliarden verteilen, müssen das unsere Kinder zurückzahlen."
Leitl: Professionell arbeitende Regierung fehlt
Hundstorfer sagte, er erwarte sich von der Regierung eine Problemlösung. Man könne Riesenbrocken lösen, wenn man sachorientiert arbeite. Dies sei nicht möglich bei einem parteipolitischen Hick-Hack.
Und Leitl meinte, "es fehlt noch eine Regierung, die gut koordiniert, professionell arbeitet" und auch eine konsequente Linie verfolge. Eine schnelle Tarifsenkung sei nicht die Lösung. Nachhaltig könne man Entlastungen nur über die Frage der Lohnnebenkosten bei den kleineren Einkommen machen.
Strache: Steuerreform sofort
Die FPÖ trete seit Antritt der SPÖ-ÖVP-Regierung für eine umfassende Entlastungsoffensive ein, so FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache am Montag in einer Aussendung. Bei rund vier Milliarden Euro solle das Entlastungsvolumen liegen, finanzieren wollen die Freiheitlichen diese Reform kurzfristig über "unerwartete Mehreinnahmen" und nachhaltig mit einem "klaren Bekenntnis zu einer Verwaltungsreform".