Überraschend war aber, dass kein einziges neues oder jüngeres Gesicht an die Spitze kam. José Ramón Machado Ventura, nun Kubas Nummer zwei, ist wie Raúl bereits 76 und kämpfte schon in den 50er-Jahren in der Guerilla gegen den Diktator Batista. General Julio Casas Regueiro übernimmt die Streitkräfte, deren weltweit längstdienender Verteidigungsminister Raúl seit 1959 gewesen ist.
Grüße von Chávez bis Rice
Hugo Chávez, linker Präsident des ölreichen Venezuela, versicherte als erster Gratulant, dass seine Unterstützung auch einem von Raúl Castro geführten Kuba gelten werde. US-Außenministerin Condoleezza Rice forderte Kuba auf, „einen Prozess friedlicher und demokratischer Veränderungen zu beginnen“ und alle politischen Gefangenen freizulassen.
Für die EU kündigte Entwicklungshilfe-Kommissar Louis Michel die Weiterführung des "konstruktiven Dialogs" samt konkreten Verhandlungen Anfang März in Havanna an.
"Erst die Bohnen, dann die Kanonen"
Über die Absichten Raúl Castros glauben Kuba-Experten mittlerweile einigermaßen Bescheid zu wissen. Als Jugendlicher wie sein Bruder von Jesuiten erzogen, trat er anders als dieser frühzeitig in die KP ein und diente diszipliniert und ohne erkennbares Charisma Fidels Revolution. Eigenprofil gewann Raúl nach dem Ende der Sowjetunion, als er Kubas 300.000-Mann-Armee auf 60.000 Soldaten reduzierte und diese mit Erfolg auch für Transportaufgaben und zur Führung von Tourismusunternehmen heranzog. Berühmt wurde sein Ausspruch, dass "erst die Bohnen, dann die Kanonen" kämen.
Kuba-Kenner erwarten, dass er dem Modell Chinas und Vietnams folgen, die Wirtschaft liberalisieren, aber die Machtstrukturen unverändert lassen wolle. Wenn das stimmt, dann ist das ein eher langfristiges Projekt. Bei seiner halbstündigen Rede am Sonntag sagte Raúl Castro lediglich, dass die Verwaltung des Staates effizienter gemacht und einige Einschränkungen, die die Bürger stören, aufgehoben werden sollen.
Jüngere Funktionäre übergangen
Unkommentiert ließ er, dass jüngere Funktionäre wie Außenminister Felipe Pérez Roque (42) und Vizepräsident Carlos Lage (56) bei den Beförderungen ebenso übergangen wurden wie Ricardo Alarcón (72), der Parlamentspräsident. Alarcón war kürzlich bei einer Uni-Diskussion von einem Studenten offen dafür kritisiert worden, dass es keine freie Ausreise und nur eingeschränktes Internet gibt. (Gerüchte, der 21-jährige Eliézer Ávila sei danach verhaftet worden, wurden dementiert.)