Ingrid und Alfred Westermayer haben einst da, wo sich jetzt der Schotter häuft, mit ihren Kinder gespielt. Sie fürchten um den Naturschutz rund um den Steinbruch in Gaaden

Foto: STANDARD/Springer
Gaaden – "Von da haben wir wunderschöne Kinderfotos im Grünen", sagt Ingrid Westermayer und zeigt auf die nackten, grauen Felsen. Ihr Mann Alfred steht in staubigen Schuhen am Wanderweg 43 neben ihr und nickt. Vor wenigen Jahren wuchs auf dem Hügel – oder was davon übrig ist – noch Wald. Doch beim Steinbruch Kowall in Gaaden (Bezirk Mödling), der kürzlich an die Firma Strabag SE verkauft wurde, wird derzeit bisher unberührte Fläche für den Gesteinsabbau aufgerissen. Da vom Wanderweg aus noch sehr kahl aussehende Flächen, in denen vorher Abbau betrieben wurde, als "rekultiviert" gelten, ist das auch erlaubt – solange sich die offene Fläche auf 20 Hektar Grund beschränkt.

Die Westermayers wohnen ganz in der Nähe in Hinterbrühl und engagieren sich seit Jahren gegen den Steinbruch. Was Ingrid Westermayer besonders aufregt: "Man zerstört Natur und Umwelt in einem angeblich geschützten Gebiet." Der Steinbruch liegt im Biosphärenpark Wienerwald und ist Natura-2000-Gebiet. Letzteres bedeutet, dass der Lebensraum bestimmter Arten hier zu schützen ist.

Abbaugebiet

"Der Steinbruch selbst ist nicht Naturpark, sondern als Abbaugebiet gewidmet", sagt Clemens Kowall, früher Betreiber und nach wie vor Geschäftsführer des Steinbruchs. Auch das Gebiet, das nun neu erschlossen werde, sei als Abbaugebiet deklariert. Ein weiterer Ausbau sei nicht geplant, und die Rekultivierung des stillgelegten Areals laufe "total gut". Kowall könne verstehen, wenn jemand eine persönliche Beziehung zu dem Waldstück gehabt habe und nun traurig sei. Wer aber sage, den Betrieb wolle man hier nicht, der versuche bloß, das Problem woandershin zu verschieben. Woanders gibt es das Problem aber sowieso bereits, zum Beispiel beim Steinbruch Fröstl. Der Betrieb liegt in Kaltenleutgeben, von Staubbelästigung sind aber hauptsächlich die Bewohner im angrenzenden Perchtoldsdorf betroffen. Der Betreiber hat eine Erweiterung des Steinbruchs beantragt und darf nun 30 Meter in die Tiefe graben und am Rücken des "Nackten Sattels" Bäume fällen, mit der Begründung, dass die Wand des Steinbruchs sonst zu steil sei. Gudrun Foelsche, Sprecherin des Naturschutzvereins Schöffel, meint: "Die Schutzkriterien für dieses Gebiet sind enorm, nur keiner schert sich drum." Zumindest der Bürgermeister von Perchtoldsdorf, Martin Schuster, holt nun ein Gutachten bei Rechtsexperten ein, um herauszufinden, ob hier Europarecht greift und für diese Flächen eigentlich Verschlechterungsverbot gilt.

SP-Naturschutzlandesrätin Karin Kadenbach begrüßt Schusters Vorhaben und betont gleichzeitig, dass vonseiten des Landes darauf geachtet werde, dass "sämtliche naturschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden". (Gudrun Springer, DER STANDARD Printausgabe, 26.2.2008)