Worum es dem Soziologen - um die Angelegenheit ein wenig komplizierter zu machen - auch noch ging, war die Ambivalenz des Begriffs "skill", also Fähigkeit, Fertigkeit, Können - durchaus etwas Erstrebenswertes, das aber das Ungenügen bereits in sich trage. Die reine Fertigkeit des Musizierens, meinte der sehr aktive Cellist Sennett, mache keinen Meister. Im Gegenteil, sie kann zur Minderung der Expressivität führen.
Auf der Brücke zur Gegenwart der Craftsmen begegneten den Zuhörern die Vertreter der "Creative Industries", ein Terminus, den Sennett nicht mag und fast für einen Widerspruch in sich selbst hält. Für wichtiger hält er - heute wie gestern - das Moment der "Vertiefung": "Vier bis fünf Jahre dauert dieser Prozess erfahrungsgemäß, dann verwandelt sich Übung in Können." Wobei es nicht um reine Perfektionierung gehe, im Gegenteil, eine Toleranz gegenüber Fehlern und Ambiguität gehöre zum guten intelligenten Problemlösen. Beispiele: die Macher von Linux und von Wikipedia.
Womit man bei den aktuellen Craftsmen wäre. Es gibt nur immer weniger von ihnen, stattdessen nehmen die Konsulenten zu, deren Skills nicht über Jahre der Auseinandersetzung wachsen, sondern im kurzfristigen Einsatz, den Sennett ablehnt. Leider würde auch an den Unis immer mehr dieser Typ von Fertigkeit produziert. Wie er denn damit lebe, fragte jemand aus dem Publikum. "Wollen Sie einen erwachsenen Mann weinen sehen?", antwortete Sennett.