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Weniger zahlen freut alle, die wichtige Frage ist: Welche Steuerzahler profitieren von Tarifsenkungen in welchem Ausmaß?
Natürlich sind für eine sozialdemokratische Finanzpolitik moderate Budgetdefizite nicht per se abzulehnen, schon gar nicht, wenn gleichzeitig der relative Schuldenstand sinkt, wie es seit 2001 kontinuierlich der Fall ist. Eine Neuverschuldung macht in konjunkturell stabilen Zeiten jedoch nur Sinn, wenn Zukunftsinvestitionen getätigt werden, die später selbst volkswirtschaftliche Renditen abwerfen. Etwa in Forschung, Bildung, oder Kinderbetreuung. Zur Finanzierung einer Steuerreform eignet sich gepumptes Geld nicht.
Relevanter als diese budgettechnischen Fragen ist allerdings eine viel ideologischere Überzeugung, die im Gegensatz zur SPÖ-Führung viele Sozialdemokraten vertreten: Steuern sind geil!
Alles, was der Sozialdemokratie wichtig ist, wird über Steuern finanziert, sei es das Bildungswesen, die Infrastruktur in Gesundheitswesen und Verkehr oder die öffentliche Kinderbetreuung. Der wunderbare Nebeneffekt von derlei Investitionen ist eine Umverteilung über die Ausgabenseite, denn wenn der Staat Leistungen für alle Menschen anbietet, profitieren jene mit geringem Einkommen überproportional. Überdies ist die progressive Einkommenssteuer - mangels Vermögenssteuern - die einzige Garantin für eine einnahmenseitige Verteilung.
Das Steuersystem ist insgesamt die Grundlage für den berechtigten Stolz der Sozialdemokratie auf die beste aller bisherigen Welten: den westeuropäischen Wohlfahrtsstaat.
Wohlfahrtsstaat zählt wenig
Die wirtschaftsliberale Seite fordert genau das Gegenteil, ihr Superdogma ist die Senkung der Abgabenquote. Dies kann kein sozialdemokratisches Ziel sein, aber dem gesellschaftlich hegemonialen Schrei nach Entlastung eigene Positionen selbstbewusst entgegenzustellen traut sich die SPÖ-Spitze nicht zu. Anstatt die zivilisatorische Errungenschaft des steuerfinanzierten Wohlfahrtsstaates zu verteidigen, stimmen Gusenbauer und Co in den Chor jener ein, die sofort Entlastungen wollen. Dabei wäre es einmal an der Zeit, offen zu legen, wer überhaupt von Entlastungen profitiert:
Beispiel Einkommensteuern: Das unterste Einkommensdrittel zahlt de facto keine Einkommensteuer, das mittlere Drittel trägt zirka 20 Prozent und das oberste Drittel rund 80 Prozent zum Einkommensteueraufkommen bei. Mindestens zwei Drittel der Bevölkerung können von einer Senkung dieser Steuer nur minimal profitieren.
Viel zahlen nur wenige
Den Spitzensteuersatz zahlt überhaupt nur das oberste Zwanzigstel der Einkommensbezieher. Das ist die Einkommensklasse der Chefredakteure österreichischer Medien, die sich selbst für den Mittelstand halten und daher permanent Entlastungen fordern.
Beispiel Abgaben: Die Belastung mit Sozialversicherungsabgaben ist im Gegensatz zur Einkommensteuer nicht progressiv gestaltet und liegt für die allermeisten Erwerbstätigen pauschal bei rund 18 Prozent.
Eine Wenigverdienerin, die 18 Prozent ihres Einkommens abführen muss, spürt dies im Gegensatz zu einem Besserverdiener natürlich überproportional stark. Die Bevölkerung zahlt - im Wissen um die Gegenleistung - Sozialversicherungsbeiträge ohne großes Murren. Steuern hingegen mag man nicht gerne leisten, weil deren Verwendung undurchschaubar bleibt. Hier liegt der Hund begraben, den die Sozialdemokratie nicht auszubuddeln wagt.
Zauberwort Umverteilung
Was viele Gruppen in der SPÖ eigentlich wollen, ist eine Verringerung der Abgabenlast für die Massen, gegenfinanziert durch Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und Vermögende. Es gibt die Möglichkeit, den Großteil der Bevölkerung zu entlasten, ohne dafür auch nur einen einzigen Euro aus dem Budget zu verwenden. Diese Möglichkeit heißt Umverteilung.