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Ivanschitz spielte schon 36-mal im Team, er schoss fünf Tore.

Foto:APA/HELMUT FOHRINGER
Wien - Es bedarf gewiss keines Teufels, damit Hans Krankl geritten wird, das erledigt er schon selbst. Im Oktober 2003 hatte der damalige Teamchef eine Idee, was natürlich nicht heißen soll, dass davor und danach nichts war. Er bestellte Andreas Ivanschitz, der um einen Stammplatz bei Rapid raufte, ganz spontan zum jüngsten Kapitän in der Geschichte der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft. Der nicht einmal 20-jährige Bub hatte urplötzlich die Schleife um. Und den Scherben auf. Krankl, der bekanntlich immer recht hat, wischte pädagogische Bedenken weg. Ivanschitz nahm die Binde an, leise und ohne Widerspruch. Stolz sei er damals schon gewesen, sollte er später einmal sagen. "Vielleicht war es zu früh, ich weiß es nicht. Aber man muss sich der Verantwortung halt stellen."

Kapitäne werden am 15. Oktober 1983 in Eisenstadt geboren, sie wachsen wohlbehütet in Baumgarten auf, kicken als Vierjährige auf der "Karliwiesn" gleich neben dem Elternhaus. Der Vater ist Musiklehrer am Haydn-Konservatorium, die Mutter unterrichtet an der Hauptschule. Die zwei Brüder sind viel älter und fußballerisch nicht ganz so begabt. Andreas lernt in der Schule brav und auch das Spiel mit der Oboe. Freiwillig. Vom Gymnasium in Mattersburg wechselt er mitten in der Pubertät nach Wien-Ottakring in die Maroltingergasse, das hat einen Hauptgrund: Rapid. Andreas schließt die Schule übrigens mit der Matura ab. "Das war mir und meinen Eltern sehr wichtig."

Ivanschitz ist eigentlich immer brav gewesen. Er zuckt niemals aus, spuckt keinen Gegner an, schimpft nicht einmal den unfähigsten Schiedsrichter. Er eckt im Gespräch höchst selten an, legt Wert auf ein "Bitte" und ein "Danke". Ivanschitz wurde das Image des idealen Schwiegersohns umgehängt. Kritiker stritten ihm Talent und Spielwitz zwar nicht ab, sie hießen ihn aber ein Weichei, das sich in der großen Welt nie und nimmer durchsetzen werde. Sie sollten zunächst Recht behalten. Nach dem Meistertitel mit Rapid lockte ihn Red Bull Salzburg mit Millionen, der brave Andi wurde weich und saß bei der Geldvernichtungsmaschine von Dietrich Mateschitz solange auf der Bank, bis er im August 2006 nach Athen zu Panathinaikos wechselte. Und von nahezu allen Leiden erlöst wurde.

Josef Hickersberger, Krankls Nachfolger, war unlängst in Athen. Er sprach mit den Vorgesetzten des Legionärs. "Ich hörte nur Lob." Dass Hickersberger die Entscheidung seines Vorgängers nicht rückgängig machte und keinem anderen die Schleife übertrug, hatte rein menschliche Gründe. "Andreas ist nicht der geborene Leader. Aber er ist auf dem Weg, das verdient Respekt. Er hat aus negativen Erlebnissen die Lehren gezogen. Er ist erwachsener und ein würdiger Kapitän geworden."

Ivanschitz, der im Vorjahr Vater eines Buben wurde ("Die absolute Verantwortung"), sagt, Österreich dürfe bei der EURO keine Angst haben. "Wir müssen selbstbewusst sein." Tipp will er keinen abgeben. "Wir überraschen. Danke." Hickersberger weiß, dass Erfolge nicht zuletzt von seinem Kapitän abhängen. "Er müsste manchmal lauter werden. Bitte." (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 28.02.2008)