Während alle Welt auf den Kosovo starrt, sorgen die Abspaltungstendenzen in der bosnischen Republika Srpska für Schweißperlen bei europäischen Diplomaten. Bisher betonte man, dass die Situation in Bosnien nichts mit dem Kosovo zu tun habe. Dass Politiker in der Teilrepublik Srpska nun ihre Muskeln spielen lassen und offen mit einer Sezession liebäugeln, ist tatsächlich nicht auf die Unabhängigkeit des Kosovo zurückzuführen, sondern darauf, dass Bosnien-Herzegowina trotz internationaler Präsenz ein fragiler und vor allem unregierbarer Staat geblieben ist. Und dass die EU furchtbar schwächelt. Der Premier der Serbenrepublik, Milorad Dodik, hat anschaulich bewiesen, dass er in der Lage ist, die Polizeireform zu verwässern und den Gesamtstaat zu destabilisieren.

Das Problem ist die Verfasstheit des Staates Bosnien-Herzegowina, in dem alles nach strengem ethnischem Proporz geregelt wird. So können im Staatspräsidium keine Angehörigen einer Minderheit sitzen, sondern nur Kroaten, Serben oder Bosniaken. Die Nachkriegsordnung von Dayton hat zwar den Frieden ermöglicht, aber sie paralysiert das Land. Und die EU sieht mit Schrecken dabei zu, dass man mit dieser Obstruktionspolitik Stimmen machen kann. In den vergangenen Jahren - vor allem unter dem Hohen Repräsentanten Christian Schwarz-Schilling - hat sie es verabsäumt, klare Bedingungen und Anreize zu formulieren, und somit an Glaubwürdigkeit eingebüsst.

Eine Abspaltung der Republika Srpska verstößt nicht nur gegen das Dayton-Abkommen, es würde auch zum Zerfall Bosniens führen. Aber der Umstand, dass es im Kosovo gerade zu einer De-facto-Teilung entlang ethnischer Grenzen kommt, spielt allen Ethno-Nationalisten in die Hände. Die Frage, ob der Kosovo zu einem Präzedenzfall wird oder nicht, ist keine rechtliche, sondern eine politische, die die EU deutlich beantworten muss. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 28.2.2008)