Screenshot: Andreas Proschofsky
Auch wenn die VMworld so etwas wie die Hausmesse von VMware ist, das Unternehmen will die Veranstaltung dezidiert als allgemeinen Virtualisierungsevent verstanden wissen. Entsprechend finden sich auch praktisch alle anderen relevanten Mitspieler in diesem Umfeld derzeit als Aussteller in Cannes.

Angriff

Unter ihnen auch die Entwickler von Virtualbox, die kostenlose Virtualisierungslösung wurde erst vor kurzem samt dem dahinter stehenden Hersteller Innotek von Sun übernommen. Eine neue Situation aus der man verstärkt die Konkurrenz von VMware, Parallels und Co. angreifen will, wie Achim Hasenmüller, Chefentwickler von Virtualbox im Gespräch mit dem WebStandard betont.

Vertrieb

Zunächst soll die Virtualbox-Entwicklung aber einmal wie gewohnt weitergehen, vor allem soll es durch die Übernahme zu keinerlei Verzögerungen im näheren Release-Plan geben. Auch das Geschäftsmodell, das derzeit primär auf den OEM-Bereich abzielt, soll vorerst gleich bleiben, allerdings nun mit dem mächtigen Vertriebsnetz von Sun im Rücken.

Entscheidung

Für die Zukunft soll es nicht nur zusätzliche EntwicklerInnen geben, als äußerst nützlich könnte sich auch erweisen, dass man mit Solaris / Open Solaris nun ein "eigenes" Betriebssystem im Haus habe. Dies sie auch ein wichtiger Grund dafür gewesen, dass man sich letztendlich für Sun als Käufer entschieden hat, wie Hasenmüller mit dem Hinweis darauf, dass es durchaus auch andere große Interessenten gegeben habe, betont.

Plus

Für die weitere Zukunft will man den Marktanteil von Virtualbox - das im Desktop-Bereich vor allem gegen VMware und Parallels antritt - deutlich vergrößern. Um dies zu ermöglichen, reicht es natürlich nicht "nur" kostenlos zu sein, eine Reihe von neuen Features sollen die Konkurrenz in einigen Bereichen gar hinter sich lassen.

OpenGL

Zweifellos in diese Kategorie gehört der 3D-Support in virtuellen Maschinen, der mit künftigen Versionen von Virtualbox ausgeliefert werden soll. Etwas, das zwar VMware und Parallels unter Mac OS X bereits bieten, allerdings nur für Windows-Gäste und da auch nur recht eingeschränkt. Bei Virtualbox wird das Ganze statt auf DirectX auf OpenGL basieren und so unter anderem auch Desktop-Effekte in Linux-Gastsystemen ermöglichen. Für den Windows-Spiele-Support will man die DirectX-Aufrufe dann auf OpenGL umwandeln.

Release

Bevor dies Realität wird, will man aber erst einmal die Version 1.6 (oder 2.0, hier hat man sich nicht endgültig entschieden, Anm.) auf den Markt bringen, die selbst einige zentrale Verbesserungen für die Software bringt. Dazu gehört neben einer besseren Skalierbarkeit und einem Web Services API auch das "Seamless Windowing" für Linux- und Solaris-Gastsystem.

Alternativ

Dabei lassen sich die Anwendungsfenster aus ihrer virtuellen Umgebung "befreien" und direkt neben nativen Anwendungen am Host-System anzeigen. Damit wäre Virtualbox die erste Lösung, die diese Funktionalität nicht nur für Windows-Gäste anbietet. Die Version 1.6 / 2.0 soll neben Windows- und Linux-Varianten außerdem auch gleich in Ausgaben für Mac OS X und Open Solaris erscheinen. Für beide Betriebssysteme gibt es bislang lediglich Beta-Releases.

QT

Für die weitere Zukunft gibt es neben dem 3D-Support noch eine Fülle weiterer konkreter Pläne: So plant man eine Portierung des Anwendungs-Interfaces auf die Version 4 des grafischen Toolkits QT, bislang setzt man hier noch auf die 3.x-Serie. Die Begeisterung für das Update hält sich bei Hasenmüller allerdings spürbar in Grenzen, da der damit verbundene Potierungs-Aufwand unerfreulich groß sei. Derzeit sei QT jedoch die einzige brauchbare Lösung für ein einheitliches GUI auf allen unterstützten Systemen, so der Virtualbox-Entwickler.

Mac

Weitere anvisierte Verbesserungen sind die Paravirtualisierungs-Unterstützung über die von VMware offen definierte VMI-Schnittstelle bzw. die Microsoft-Lösung Windows Enlightenment, sowie die Live-Migration von virtuellen Maschinen, also das Verschieben einer gerade laufenden VM von einem Host zum anderen. Ebenso will man per Default auf das VMDK-Disk-Format von VMware setzen, alternativ soll die Software aber auch mit Microsofts VHD umgehen können. Außerdem will man das Seamless Windowing noch weiter verfeinern, die Unterstützung von Mac OS X als Gastsystem, wie sie seit kurzem Apple - wenn auch sehr eingeschränkt - erlaubt, habe man intern auch schon am Laufen.

Open Source

Wenn es nach Hasenmüller geht, soll die Software aber künftig nicht nur besser sondern auch "freier" werden: So sollen die verbliebenen Closed-Source-Bestandteile der Software weiter reduziert werden. Ob diese eines Tages ganz verschwinden, lässt sich derzeit allerdings noch nicht endgültig sagen. Immerhin hängt dies ja jetzt auch von Sun ab. (Andreas Proschofsky aus Cannes)