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Schlichte Kartonkisten wie jene auf dem Bild erschüttern die Republik. Der Staatsanwalt wollte die echten Kisten nicht fotografiert sehen.

Foto: APA
Gerichtszeichnung: Oliver Schopf
Acht Monate nach Beginn des Bawag-Strafprozesses setzte es am Freitag, dem 77. Verhandlungstag, den - bisher - lautesten Knalleffekt. Nach der ersten Verhandlungspause, nach Fragen an Helmut Elsner, die die ersten Karibikgeschäfte betrafen, lüftete Richterin Claudia Bandion-Ortner das Geheimnis um den zweiten Besuch der "Soko Bawag" bei Alt-Bank-Chef Walter Flöttl, am Mittwochnachmittag.

Bis dahin hatte das Gericht entsprechende Berichte im Standard weder kommentiert, noch bestätigt. Was die Richterin am Freitag vor sehr wenig Publikum dann zu erzählen wusste, birgt jede Menge Sprengkraft - und hat auch bereits die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Sie hat ein Vorverfahren wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet.

Denn die Soko, erklärte die Richterin, habe am Mittwoch 18 Kisten mit Dokumenten in zwei weiteren Flöttl-Kellern gefunden, darunter fänden sich Bank-Unterlagen bis zum Jahr 1988, "wonach es zu massiven finanziellen Unterstützungen des ÖGB und der SPÖ" durch die Bawag gekommen sei. "Es soll sich um eine Größenordnung von über einer Milliarde Schilling (72,7 Mio. Euro; Anm.) handeln; es gilt natürlich auch hier die Unschuldsvermutung." Allerdings, schränkte die Richterin ein, müsse man sich "genau anschauen, ob die Unterlagen echt oder Fälschungen sind - ein Verdacht ist da."

"Auffällig platziert"

Den Hintergrund für diese Facette lieferten die Schilderungen eines Soko-Beamten im Zeugenstand, wonach drei der Kartons im Keller "in Augenhöhe platziert und nicht verstaubt" gewesen seien - im Gegensatz zu den Kartons mit der Aufschrift "Karibik". Die Kartons hätten die Aufschrift "Rendite der Bawag-Aktien" bzw. "Leistungen der Bawag für den ÖGB" getragen, und seien "sofort ins Auge gestochen".

Der Korrespondenz, die im Karton "ÖGB- und SPÖ-Unterstützungen" gelagert war, ist laut Richterin zu entnehmen, dass auch "für die Zukunft" (also nach 1988; Anm.) Unterstützungen vorgesehen seien - um Geldflüsse habe es sich dabei aber nicht gehandelt. Vielmehr habe die Bank Beteiligungen des ÖGB übernommen, "die nicht ertragreich waren". Womit wohl gemeint ist, dass man vermutet, dass die Bawag dem Gewerkschaftsbund (und/oder der SPÖ) Beteiligungen und Immobilien (die man ja zuhauf hatte) zu überhöhten Preisen abgekauft hat.

Die Staatsanwaltschaft präzisierte die Vorwürfe in einer Aussendung, sprach von "Hinweisen von Aufwendungen der Bawag aus den Siebzigerjahren bis 1988", und erwähnte als möglichen Empfänger auch den Konsum Österreich. Zur Erklärung: Der Konsum, der 1995 in Ausgleich ging, hielt damals 30,66 Prozent an der Gewerkschaftsbank.

Großteils, so die Anklagebehörde, die gegen "unbekannt" ermittelt, gehe es aber um den Verdacht auf finanzielle Begünstigung des damaligen Bawag-Teileigentümers, ÖGB

Ausgelöst wurde der neuerliche Bawag-Krimi durch eine Anregung von Helmut Elsners Anwalt, Wolfgang Schubert. Nachdem die erste Nachschau in Walter Flöttls Keller am Montag ohne Ergebnis geblieben war, teilte Schubert dem Gericht mit, er habe erfahren, dass Flöttl weitere Keller habe. Zur Erklärung: Walter Flöttl wohnt in einem Jugendstilhaus am Wiener Fleischmarkt, das bis vor kurzem der Bawag gehört hat. Bei den Suchterminen stets dabei: Wolfgang Flöttl, der Schlüssel zu Wohnung und Wohnhaus seines Vaters hat.

Wer ihm den Zweitkellertipp gegeben hat, will Anwalt Schubert übrigens nicht verraten. Zwei Erzählvarianten dafür gibt es: Ein Bawag-Mitarbeiter sei sein Informant gewesen, oder, ebenfalls unbestätigtes Gerücht, Helmut Elsner selbst. (gra, APA, DER STANDARD Printausgabe 01.03.2008)