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1. Februar 2003: Auf dem Flugplatz Mihail Kogalniceanu an der Schwarzmeerküste wird ein C130-Transporter entladen

Foto: AP /Vadim Ghirda
Flugplatz Mihail Kogalniceanu - Es geschah immer um 01.00 Uhr früh: In einem abgetrennten Bereich des streng gesicherten Militärflugplatzes Mihail Kogalniceanu, so berichtet es ein hoher Beamter, beziehen zwei Scharfschützen Stellung auf einem Gebäudedach. Wenig später trifft ein schwarzer Kleinbus ein und bleibt stehen. Dann landet ein Flugzeug, und der schwarze Bus fährt zu der Maschine. Große rätselhafte Pakete werden ausgeladen und in den Jet gebracht.

So hat sich das dem Informanten zufolge dreimal im Jahr 2004 und zweimal 2005 abgespielt. Die Maschinen flogen anschließend nach Nordafrika, an Bord ihre mysteriöse Fracht und zwei CIA-Agenten. Der Beamte vermutet, dass es sich bei den verschnürten Paketen um Menschen handelte, Terrorverdächtige in der Gefangenschaft des US-Geheimdienstes.

Informant will anonym bleiben

Der Beamte hat diese Vorgänge der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) unter der Bedingung geschildert, dass er anonym bleiben müsse. Sie passen zu dem schon lange von Menschenrechtsanwälten geäußerten Verdacht, dass Rumänien in das CIA-Programm der "außergewöhnlichen Übergabe" verwickelt war, bei dem es darum ging, Terrorverdächtige entgegen gesetzlicher Vorschriften in andere Länder zu bringen. Die Menschenrechtler werfen der CIA vor, sie habe die Gefangenen in Länder gebracht, in denen Folter eine übliche Praxis sei.

Erst nach und nach kommen die genauen Umstände dieser Transporte ans Licht, oft zum Leidwesen der US-Verbündeten. So musste die britische Regierung in der vergangenen Woche vor dem Unterhaus einräumen, dass die zum Vereinigten Köngireich gehörende Insel Diego Garcia im Indischen Ozean zweimal zum Wiederauftanken von Flugzeugen genutzt wurde, die bei Geheimtransporten von Terrorverdächtigen eingesetzt wurden.

EU kritisiert CIA-Transporte

Die EU-Kommission hat Polen und Rumänien kürzlich vorgeworfen, der Aufforderung nach einer Stellungnahme zur Verwicklung in die CIA-Transporte auszuweichen. Beide Regierungen haben alle Vorwürfe zurückgewiesen, darunter auch den Bericht von Dick Marty, dem Beauftragten des Europarats. Der Schweizer Diplomat kam zu dem Schluss, dass die Gefangenen meist gefesselt waren, nackt und isoliert gehalten wurden. Eine solche Behandlung widerspricht der Europäischen Menschenrechtskonvention und würde auch einen Verstoß gegen das rumänische Recht darstellen sowie gegen die Verpflichtung des Landes zur Einhaltung der Menschenrechte, eine zentrale Bedingung für den EU-Beitritt von Rumänien zum Jahresbeginn 2007.

Nach dem Bericht des rumänischen Informanten waren die US-Piloten nach gefälschten Flugplänen unterwegs - oder nach gar keinen Plänen. Ihre Ziele wurden nicht angegeben. Eingesetzt wurden Frachtflugzeuge des Typs C-130 Hercules oder andere Maschinen der US-Streitkräfte. Sie wurden stets in einem abgesperrten Teil nahe der Landebahn abgestellt - unter dem Vorwand einer technischen Störung. Sie schienen auf eine Reparatur zu warten, die aber niemals erfolgte.

Kein Zutritt für Rumänen

Zu drei Gebäuden des Luftwaffenstützpunkts hatten Rumänen keinen Zutritt. Hier gingen nur Amerikaner ein und aus. "Es war alles so eingerichtet, dass es so wirken sollte, als ob ganz normale Aktivitäten im Gange seien", sagte der Beamte. "Aber glauben Sie mir, es war sehr ungewöhnlich."

Aus einer Entfernung von 50 Metern habe man den Eindruck gehabt, dass Pakete in das Flugzeug gebracht würden. Er vermute aber, dass es sich um zusammengeschnürte Menschen gehandelt habe. Die gesamte Szenerie habe überhaupt nicht an einen üblichen Frachtverkehr erinnert.

Präsident weiß von nichts

Der rumänische Präsident Traian Basescu erklärte, er habe keinerlei Kenntnis von solchen Vorgängen. Er wisse nichts von Paketen, sagte Basescu im Fernsehen. Und sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2005 sei der Luftwaffenstützpunkt für rumänische und ausländische Journalisten zugänglich gemacht worden.

Der Kommandant des Stützpunkts, Adrian Vasile, wies die Darstellung zum Transport von Gefangenen ebenfalls zurück. "Der Flugplatz wurde nie für CIA-Flüge genutzt", sagte er der amtlichen Nachrichtenagentur Rompres. Auch hätten die Rumänen Zugang zu allen Gebäuden auf dem Stützpunkt.

Aber der ehemalige Sicherheitsberater des Präsidenten, Ioan Talpes, sagte im AP-Gespräch, der Stützpunkt Mihail Kogalniceanu habe eine Vereinbarung mit der CIA gehabt. Der Geheimdienst habe den Stützpunkt demnach nach eigenen Bedürfnissen nutzen können. "Es gab offizielle Abmachungen geheimer und vertraulicher Natur, die CIA-Flugzeugen das Recht gaben, auf rumänischen Flugplätzen zu landen", sagte Talpes, der für den früheren Präsidenten Ion Iliescu tätig war. "Sie hatten dort Aktionen, von denen wir nichts wussten." Iliescu habe zugesichert, dass sich Rumänien um die Sicherung des Zauns kümmere und sich ansonsten nicht einmische.

Der unabhängige Menschenrechtsermittler John Sifton sagte, die von dem Informanten angegebenen Daten und Beschreibungen passten zu den Zeiten und Strecken von bekannten CIA-Transporten in den Datenbanken der Luftverkehrssicherheitsbehörde Eurocontrol. Dazu gehört ein Flug im April 2004 von der US-Basis Guantanamo auf Kuba über Mihail Kogalniceanu nach Casablanca in Marokko. "Das war eine Zeit, in der sie Leute herumbewegten", sagte Sifton der Nachrichtenagentur AP. Die Zwischenlandungen in Rumänien, fügte er hinzu, "kommen wir ziemlich zwielichtig vor".

Nach dem Bericht Martys hielt die CIA zwischen 2002 und 2005 Al-Kaida-Mitglieder, Taliban-Führer und andere "Gefangene von hohem Wert" in Rumänien und Polen fest. Der Bericht nennt fünf Personen, die dies autorisierten oder zumindest davon wussten. Iliescu, Talpes, der ehemalige Verteidigungsminister Ioan Mircea Pascu, der ehemalige Militärgeheimdienstchef Sergiu Medar sowie der aktuelle Präsident Basescu. Dem Bericht zufolge wurden die Gefangenen Verhörpraktiken unterzogen, die einer Folter gleichkamen.

Regierung schweigt

Das Büro Basescus lehnte es ab, über den Inhalt des Berichts zu sprechen. "Was haben wir damit zu tun?", erwiderte das Büro auf eine Anfrage. Pascu sprach von einem "abgeschlossenen Thema", und Medar lehnte eine Interviewanfrage ab.

Der Informant, der seinen Namen nicht angibt, um sich selbst zu schützen, fragt sich, was an Bord von großen Flugzeugen aus dem Irak geschehen sei, die auf dem Stützpunkt gelandet und dort mehrere Tage abgestellt gewesen seien. "Sie haben falsche Informationen angegeben, sie haben gelogen", sagte er. "Es ist viele Male geschehen, und es gab nichts, was man tun konnte."

US-Präsident George W. Bush und Mitglieder seiner Regierung haben die Transporte bestätigt, aber nicht die Namen der beteiligten Länder genannt. Zu den Foltervorwürfen haben sie erklärt, die Vereinigten Staaten setzten keine Folter ein.

Nach rumänischen Angaben haben die US-Streitkräfte etwa zwölf Millionen Euro in den Stützpunkt Mihail Kogalniceanu investiert, darunter 2,7 Millionen Euro für einen Zaun, eine neue Wartungshalle und Straßenbauarbeiten. Der ehemalige Sicherheitsberater Talpes sagte, die rumänischen Behörden hätten sich aus der "respektierten Zone" der USA herausgehalten, weil sie sich nicht einer "unfreundlichen Geste" schuldig machen wollten. Der Flugplatz habe vor allem für Truppen- und Versorgungstransporte in den Irak und nach Afghanistan gedient. Auf die Frage, ob er von Folterungen wisse, antwortete Talpes: "Selbst wenn ich wüsste, dass einer meiner Verbündeten etwas getan hat, würde ich es Ihnen nicht sagen."

CIA verteidigt Gefangenentransporte

CIA-Sprecher Mark Mansfield sagte, der Geheimdienst nehme zu der Darstellung mit dem schwarzen Kleinbus nicht Stellung. Die Transporte von Gefangenen verteidigte er jedoch als legal und effektiv. "Sie haben mögliche Anschläge gestört, indem Terroristen von der Straße genommen wurden. Und sie haben uns und unseren ausländischen Partnern erlaubt, wertvolle Erkenntnisse über Terroristen zu erhalten, die auf freiem Fuß sind."

Die rumänische Senatorin Norica Nicolai, ehemalige Ermittlerin und Leiterin einer parlamentarischen Untersuchung, sagte, ihre Überprüfungen hätten keinen Beweis dafür ergeben, dass die CIA ein Gefängnis in Rumänien unterhalten habe oder Verhöre vorgenommen habe. Sie warte noch auf die Antwort zu einer Anfrage an Marty, seine Quellen zu nennen. "Es ist in unserem Interesse zu sehen, was geschehen ist", sagte Nicolai. "Wir sind kein Land der Dritten Welt." Aber der Oppositionspolitiker Cosmin Gusa hält eine umfassende Aufklärung für unwahrscheinlich. "Niemand will da tiefer gehen", sagte Gusa. "Sie wollen darüber nicht sprechen. Dieses Thema ist tödlich." (William Kole/Associated Press)