Der Mobilfunkkonzern Vodafone erwägt, seine Festnetztochter Arcor komplett zu übernehmen und die Marke abzuschaffen. "Es gibt keinen strategischen Grund, 74 aber nicht 100 Prozent an Arcor haben zu wollen", sagte Vodafone-Deutschland-Chef Friedrich Joussen der Nachrichtenagentur Reuters im Vorfeld der Branchenmesse CeBIT. "Mein Eindruck ist, dass Deutsche Bank und Deutsche Bahn kein strategisches Interesse an Arcor haben", sagte Joussen. "Insofern ist ein wesentlicher Faktor bei der Frage, ob wir die Restanteile an Arcor übernehmen, der Preis."

Der Vodafone-Chef sieht sich aber nicht unter Zeitdruck und will zunächst mit beiden Marken DSL-Kunden gewinnen. "Erst wenn das DSL-Wachstum schwächer wird, mag sich das ändern", sagte er. In den kommenden zwei Jahren werde es noch relativ einfach sein, Marktanteile zu gewinnen. "Die Zielmarke für Vodafone und Arcor zusammen sind rund 20 Prozent Marktanteil bei DSL. Derzeit haben wir gemeinsam mehr als 13 Prozent", sagte Joussen. "Solange die Marke Arcor noch so stark wächst, macht es keinen Sinn, sie vom Markt zu nehmen." Vodafone stehe im DSL-Geschäft noch am Anfang. Allerdings nehme die Bekanntheit zu. "Im aktuellen Quartal läuft der DSL-Absatz bei Vodafone gut, noch besser als schon im Weihnachtsquartal", sagte Joussen.

Auch wenn der Vertrieb noch zweigleisig läuft, intern arbeiten Arcor und Vodafone bereits zusammen. "So fassen wir beispielsweise den Einkauf zusammen und lassen unser Kernnetz von Arcor betreiben, das Beschwerdemanagement liegt komplett bei Vodafone", erläuterte der Konzernchef.

Neues Musikangebot

Grundlage für Wachstum soll auch ein besserer Kundenservice sein. Dazu will Joussen unter anderem das Netz von bundesweit rund 1600 Shops und Partneragenturen ausbauen. "Es würde mich nicht wundern, wenn diese Zahl in einigen Jahren auf rund 2000 steigt", sagte Joussen. Vodafone spare dort, wo es der Kunde nicht spüre. "So haben wir in den letzten zwei Jahren die Technikkosten um rund zwanzig Prozent senken können", sagte Joussen. Das schaffe Spielraum für Investitionen in Service, Produkte und Vertrieb.

Die Notwendigkeit, wie die Deutsche Telekom in ein Hochgeschwindigkeitsnetz zu investieren, sieht Joussen derzeit nicht. "Auf kurze Sicht sehe ich keinen besonderen Bedarf für VDSL, das muss man sich aber immer wieder anschauen." Arcor-Chef Harald Stöber hatte gesagt, das Unternehmen plane langfristig ein flächendeckendes Hochgeschwindigkeitsnetz.

Wachstumschancen sieht Joussen im mobilen Internet. "Meine Vorstellung ist, dass wir mit Datendiensten im nächsten Geschäftsjahr an die Erlöse mit Kurznachrichten (SMS) von derzeit knapp eine Milliarde Euro herankommen." Langfristig sollten die Datendienste einschließlich SMS an die Sprachumsätze heranreichen. Derzeit liegt der Anteil bei 25,6 Prozent.

Dazu will Joussen das Internetangebot verbessern. "Insbesondere bei einem Thema wollen wir führend werden, nämlich bei Musik." Heute liege das Music-Shopping von Vodafone nur knapp hinter den Portalen musicload der Deutschen Telekom und iTunes von Apple. "Der Verkauf von CDs geht massiv zurück. Große Chancen sehe ich darin, über das Handy und das Internet neue Absatzmärkte zu schaffen", sagte Joussen. "Warum publiziert Paul McCartney heute schon bei Starbucks? Weil er dort die Vertriebspower sieht. Unsere Stärke in Deutschland ist der Vertrieb." (reuters)