Es war fast so schön wie in der beliebten US-Fernsehserie, und noch dazu passierte es quasi vor der Haustüre, im lieblichen Krems an der Donau: Kriminalisten mit Pokerface präsentierten der hungrigen Journalistenmeute am Donnerstag mit Bild und vollem Namen, wonach diese schon seit Wochen gierte - nach einem Hauptverdächtigen im "Mordfall" des Spitzer Bürgermeisters, wie der ORF formulierte. Und ein Motiv für die giftige Pralinenattacke hatten die beherzten Polizisten praktischerweise auch bei der Hand: Geldnot und Rache.

Nur eines hatten sie nicht: ein Geständnis des Verdächtigen. Mit dem "Fahndungsersuchen", das der Polizei-Oberst dem Foto des Verdächtigen hinterherschickte, ist rechtlich zunächst alles abgedeckt. Wer ganz offiziell fahndet, darf schon mal die Persönlichkeitsrechte verdächtiger Personen "einschränken". Und eine DNA-Spur allein reicht nach gängiger Rechtspraxis häufig nicht für eine Verurteilung in einem Indizienprozess.

Gratwanderung

Die Angelegenheit ist dennoch eine gefährliche Gratwanderung. Nach der Pressekonferenz hatte der Wirt aus der Wachau in der Öffentlichkeit praktisch keine Chance mehr. Boulevardzeitungen titelten, der Mann sei bereits "überführt", Nachbarn und besorgte Spitzer Bürger redeten ungeniert von den Schulden der Familie und dem "zweifelhaften Ruf" des Verdächtigen.

Der Auftritt der Polizei mit dem DNA-"Beweis" hatte, ganz wie in der US-Serie, dafür gesorgt, dass der Mann auch ohne Prozess schuldig gesprochen wurde - und zwar ganz im Rahmen des rechtlich Erlaubten. Der "Fall Hirtzberger" wird damit zum Schulbeispiel in Sachen "erweiterte Ermittlungsmethoden": Wenn der Exekutive erlaubt wird, Persönlichkeitsrechte einzuschränken, wird die Justiz bald überflüssig. Die Verurteilung eines Verdächtigen besorgen ohnehin andere. (Petra Stuiber, DER STANDARD Printausgabe, 1./2.3.2008)