Moskau - Auf wen wird sich Dmitri Medwedew, der nächste russische Präsident, eigentlich stützen können? Ein Moskauer Politik-Institut hat sich an der Frage versucht und ein Tableau von vier Gruppen aufgestellt, die den "Liberalen" um den neuen Präsidenten gegen das Netzwerk der FSB-Geheimdienstler von Wladimir Putin helfen könnten - wobei noch offen bleibt, ob und wie liberal Dmitri Medwedew tatsächlich ist.

Das "Zentrum für die politische Konjunktur Russlands" (ZPK), ein in der Wendezeit 1992 gegründetes Institut, teilt die Seilschaften des so diskreten Medwedew in "Wegbegleiter" aus Petersburger Tagen ein, in "Gesinnungsfreunde", politische "Bündnispartner" und "Beförderte", die dem neuen Präsidenten verpflichtet sind. Aus diesem Personalpool, so glaubt der Leiter des ZPK, Michail Winogradow, könnte im März und April, also noch vor Medwedews Amtsantritt am 9. Mai, die Basis für den kommenden Kremlchef rekrutiert werden.

Richter als Aufsteiger

Größte Aufstiegschancen sollen demnach die von dem Juristen Medwedew schon früher "Beförderten" haben wie der Oberste Richter des Schiedsgerichts, Anton Iwanow, einige Verfassungsrichter oder der Leiter der juristischen Abteilung bei Gasprom, Juri Petrow. Auch die Gruppe der "Gesinnungsfreunde" gilt als heißer Tipp für Aufsteiger. Sie war direkt beteiligt am Wahlkampf Medwedews. Der Duma-Abgeordnete Pawel Krascheninnikow gehört dazu, der Medwedews Bürgerbüro leitete, eine Anlaufstelle für Beschwerdenträger oder Wähler, die mehr Informationen über ihren Kandidaten haben wollten. Aber auch eine Reihe von Personen aus der Präsidialverwaltung teilen Medwedews Gesinnung; genannt werden unter anderem Arkadi Dworkowitsch und Natalia Timakowa. Zu den "Bündnispartnern" wiederum, die während der kritischen Phase der Putin-Nachfolge ihr Gewicht für Medwedew in die Waagschale geworfen haben sollen, zählen vor allem Aufsichtsratsvorsitzende wie Anatoli Tschubais vom Stromkonzern RAO-UES oder der Oligarch Roman Abramowitsch.

In der bisherigen Regierung konnte sich Medwedew auf eine Reihe von Ministern stützen, die zumeist wie er aus Petersburg stammen - Finanzminister Alexej Kudrin, Landwirtschaftsminister Alexej Gorgejew oder Bildungsminister Andrej Fursenko. Andere Kabinettsmitglieder wie Sergej Lawrow, den Außenminister, sehen die Politologen vom ZPK nun als "Risiko", womit gemeint ist, dass sie dem neuen Präsidenten Knüppel zwischen die Beine werfen könnten oder ein Konflikt mit Putin über ihre Abberufung entsteht; von Innenminister Raschid Nurgalijew, einem FSB-Angehörigen, ist gar nicht erst die Rede. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 3.3.2008)