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Unscheinbar, aber liberal gesinnt: Russlands neuer Präsident Dmitri Medwedew.

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13 Jahre Altersunterschied sind eine schwierige Zeitspanne: zu wenig für ein väterliches Verhältnis, zu viel für eine einfache Freundschaft. Dmitri Medwedew, der Mann, der jetzt offiziell die Macht in Russland hat, und Wladimir Putin, der sich nach wie vor als der Mächtigste im Land fühlt, verbindet an guten Tagen wohl so etwas wie ein Verhältnis zwischen jüngerem und älterem Bruder. 42 Jahre alt ist Medwedew nun, 55 Putin.

"Dima" nennt ihn Putin manchmal, die Koseform von "Dmitri". Doch was Dima nun macht mit dem Amt, das ihm in den Schoß gefallen ist, und was aus seiner Verpflichtung gegenüber Wladimir Putin wird, dem er die Regierungsgeschäfte übertragen wird, weiß niemand wirklich.

Unbeschriebenes Blatt

Auch nach zwei Amtszeiten von Wladimir Putin ist Dmitri Medwedew für die Öffentlichkeit ein unbeschriebenes Blatt. Das ist eine Leistung für jemanden, der seit acht Jahren im Kreml ein- und ausgeht, bisher den Rang eines Ersten Stellvertretenden Regierungschef innehatte und Aufsichtsratsvorsitzender von Gasprom ist, des wichtigsten Unternehmens im Land. Medwedew sei eben ein unscheinbarer Charakter, ganz genau wie Putin, als dieser im Jahr 2000 Präsident wurde, ließ sich eine frühere Wegbegleiterin aus St. Petersburger Tagen zitieren, die nun in der Opposition mit Garri Kasparow zusammenarbeitet: "Wenn er müsste, könnte er auch Kaffee einschenken."

In St. Petersburg kreuzten sich seine Wege mit Putin, der ihn wie so viele andere aus dieser Stadt mit auf den Weg an die Macht genommen hatte. Dmitri Anatolewitsch Medwedew wurde dort am 14. September 1965 geboren, in der Hochzeit der Sowjetunion. Die Eltern funktionierten im System - die Mutter war Sprachlehrerin, der Vater lehrte als Ingenieur an der Universität, im Sommer fuhr man ans Schwarze Meer. Eine frühere Lehrerin Medwedews gab Auskunft: Der junge Dmitri sei kein brillanter Schüler gewesen, nur Fragen habe er endlos stellen können. Ein alter Trainer kann sich erinnern, dass Medwedew - klein von Wuchs - beim Rudern im Kajak enormen Ehrgeiz zeigte. Noch heute geht Medwedew morgens schwimmen und stemmt Gewichte.

Wahlkampf für Putin organisiert

Medwedew studierte Jus in St. Petersburg. Als die Sowjetunion zusammenbrach, hatte er seinen Doktortitel. Seinen früheren Professor Anatoli Sobtschak, einen Demokraten, unterstützte er mit Erfolg bei der Kandidatur zum Bürgermeister von St. Petersburg. Viele wollen darin Medwedews liberale Grundhaltung sehen. Bei der Arbeit im Rathaus begegnet er Wladimir Putin, einem Stellvertreter des Bürgermeisters. Für Putin organisiert Medwedew im Jahr 2000 den Präsidentschaftswahlkampf. Dann geht es schnell: Gasprom-Chef, Leiter des Präsidialstabs 2003 und 2005 Erster Vizepremier. Im Dezember 2007 erklärt ihn Putin zu seinem Wunschnachfolger. (Markus Bernath, DER STANDARD, Printausgabe 3.3.2008)