Nachdem Michael Jeannée neulich in der "Krone" den Hai, der vor Florida einen von uns totgebissen hat, beinahe als Bestie, Killer und Ungeheuer vernadert hätte, ist am Wochenende "Österreich" zu dessen definitiver Ehrenrettung angetreten. Selbstverständlich exklusiv schildert ein Insider, wie es wirklich zur Tragödie kam, wobei sich die Unschuldsvermutung, die zurzeit auch in Österreich zu den beliebtesten Vermutungen gehört, zu einem lupenreinen Freispruch mauserte: "Hai trifft keine Schuld", wurde da dezidiert festgestellt, denn: "Der Hai biss irrtümlich in Markus Grohs Bein."

Was täte Österreich ohne den Durchblick und die unermüdliche journalistische Opferbereitschaft von "Österreich"? Sonntag war's, da prunkte das Blatt mit einem Tagebuch-Talk. Bei dieser Textsorte handelt es sich um ein Palaver, über dessen Abgestandenheit das Bemühen eines Journalisten hinwegtäuschen soll, längst Bekanntes dadurch neu erscheinen zu lassen, dass man es nach Tagen geordnet aufwärmt. Also: Sein Abenteuer "Oscar" erzählt Markovics exklusiv in einem Tagebuch-Talk mit ÖSTERREICH. Hier schreibt unser Oscar-Held wie's wirklich war - endlich!

Er ist derzeit das heißeste Eisen, das die heimische Filmbranche im Feuer hat, daher kein Wunder: Ein Termin jagt derzeit den nächsten. Gestern Berlin, heute Wien. Der Terminkalender von Oscar-Gewinner Karl Markovics (44) ist prall wie die Oberweite von Pamela Anderson. Für "Österreich"-Leser ein Vergleich, mit dem sie etwas anzufangen wissen. Hoffentlich sind die Termine von vergleichbarer Gewichtigkeit.

Die Abenteuer eines Wieners am Hofe der Könige von Hollywood waren gut durchgekaut, als "Österreich" sie nacherzählte. Daher hier nur das Wichtigste: Mittwoch, Ankunft in Los Angeles. Es ist sehr früh, halb sechs Ortszeit. Mitternacht, ich schlafe ein. Donnerstag, aufwachen um halb sechs. Herr Burger und ich sind am Venice Beach, plaudern viel. Weiter zur Smoking-Anprobe. Dann fahren wir am Kodak Theatre vorbei. Meine Aufregung steigt langsam. Freitag. Untertags jagt ein Interview das andere, das kennt man von den Terminen. Samstag. Meine Familie hätte am Abend ankommen sollen. Jetzt werden sie für morgen, einen Tag verspätet, erwartet. Das zieht mich alles ziemlich runter. Natürlich freue ich mich, wenn wir morgen gewinnen, natürlich wäre ich aber auch enttäuscht, wenn wir den Oscar nicht holen. Ein Gefühl jagt das andere.

Und dann: Sonntag, um 10 Uhr die Überraschung, während wir bei Pancake, French Toast und Co. in einem klassischen American Diner sitzen: Meine Familie ist da! Jetzt kann der Oscar auch nicht mehr weit sein. Wir fahren ins Hotel. Um halb drei geht es dann los. Auf zur Oscar-Preisverleihung. Wir kommen um 16.15 Uhr an. Ich taufe die Polizeikontrolle davor die "Beirut-Zone", weil die Kontrollen rigoros sind. Danach eine andere Welt mit dem roten Teppich. Hier gibt es zwei Spuren. Links die VIP-Lane für die George Clooneys, die andere ist für mich. Aber wie schon zwei Tage zuvor aus "Österreich" zu erfahren war, gibt es eine Gerechtigkeit: Clooney ist unfruchtbar! What else!

Immer näher rückt der Höhepunkt. Vorm Oscar musste ich auf die Toilette. Bei der Verleihung selbst kann ich nicht hinschauen. Als ich "Austria" höre, bricht bei mir so etwas wie eine Amnesie über die Situation herein. Ein Leiden, um das man jeden nur beneiden kann, der sich davon ergreifen lässt. Und schon ist der Montag da. Der Tag steht ganz im Zeichen der Familie. Dienstag. Am Vormittag gibt es das Treffen mit Arnold Schwarzenegger. Er selbst hat "Die Fälscher" noch nicht gesehen, aber er wird sie sich jetzt anschauen. Nach einer kleinen Tour mit dem Generalkonsul geht es wieder ab in die Heimat. Genial aufgezeichnet von Norman Schenz.

Bei "Österreich" gilt die Regel: Kein Mitarbeiter darf als Stilkünstler Wolfgang Fellner übertreffen. Denn was der sagt, das sagt Österreich. Am Sonntag etwa zu der Frage: Wer rettet die Republik? SPÖ und ÖVP steuern offenbar wie zwei führungslose Schnellzüge auf den Crash zu. Den steuerbaren Schnellzug sollte er sich patentieren lassen, er ist jedenfalls origineller als seine politische Analyse. Es ist wie verhext: Die Logik müsste also zu schnellen Neuwahlen führen, aber wer gibt schon was auf so etwas Irreales wie Logik? Die politische Realität freilich macht so rasche Neuwahlen unwahrscheinlich. Es gibt also nur zwei Alternativen, glaubt Fellner. Die eine: ÖVP-Mastermind Schüssel überredet die ÖVP zum totalen Risiko - und das heißt Neuwahl am 18. Mai. Oder die Parteien wurschteln bis Sommer weiter - mit täglichem Psychoterror und völliger Lähmung der Arbeit.

Das ist zwar nur eine Alternative, und genau genommen nicht einmal das. Denn vor die Alternative gestellt, unter täglichem Psychoterror und völliger Lähmung der Arbeit zu leiden oder einfach zu wählen, müsste man kein Schüssel sein, um Mastermind zu werden. Die Hoffnung des Autors, die Leser würden seine Titelfrage Wer rettet die Republik? beantworten, während er denkt, ist nicht aufgegangen. So entließ er sie ungetröstet: Wer holt uns aus diesem Schlamassel raus? Na, wer denn? (Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 4.3.2008)