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Die Wahl ohne Wahl: Dmitri Medwedew (li) folgt Wladimir Putin.

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Der Staat kontrolliert weite Teile des öffentlichen Lebens.

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Dem Kandidaten blieb der aufreibende Wahlkampf erspart - Dmitri Medwedew klinkte sich einfach aus. Statt als Wahlkämpfer Zeit zu verplempern, arbeitete der Nachrücker von Wladimir Putin gewissenhaft die unerledigte Agenda seines Noch-Amtes ab. Bis zum letzten Tag business as usual als Vizepremier, diszipliniert und sachorientiert.

Dmitri Anatoljewitsch Medwedew, der neue Mann im Kreml, ist mit 42 Jahren das jüngste Staatsoberhaupt in Russland seit Zarenzeiten. Seit 17 Jahren arbeiten die studierten Juristen Putin und Medwedew eng zusammen. Putin zog seinen Verbündeten die Karriereleiter hoch und machte ihn zum Aufsichtsratschef von Gazprom. Als Vizechef der Kremladministration organisierte er Putins ersten Wahlkampf im Jahr 2000. Im Windschatten Putins trägt Medwedew Mitverantwortung für die autoritäre Entwicklung des Landes.

Denn wenn Putin nun seinen Platz räumt, ist die Macht zentralisiert, der Staat greift massiv in die Unternehmensgeschicke ein, geht immer häufiger mit äußerster Gewalt gegen Oppositionelle vor und kontrolliert zudem die Medienlandschaft. Russland ist zu einem Überwachungsstaat zurückgekehrt, demokratische Grundrechte werden systematisch zurückgedrängt. Der ehemalige KGB-Agent ließ die Geheimdienste gewähren - 80 Prozent der politischen Führungskräfte haben heute direkten Kontakt zum Inlandsabwehr- und Sicherheitsdienst.

So umstritten das Demokratie-Konzept von Putin auch ist, so unzweifelhaft ist seine ökonomische Erfolgsbilanz: Hoch verschuldet und zutiefst verunsichert präsentierte sich Russland vor gut acht Jahren, als Putin in den Kreml einzog. Heute ist nichts mehr übrig von der in den Neunzigerjahren von Chaos gekennzeichneten Jelzin-Republik. Das Land präsentiert sich mit Haushalts- und Ertragsbilanzüberschüssen, den drittgrössten Währungsreserven der Welt und einem starken Wirtschaftswachstum von im Schnitt sieben Prozent jährlich. Gewinne aus Öl- und Gasgeschäft sorgen zudem für Stabilität.

Die Teuerung liegt im einstelligen Bereich und die Erwerbslosigkeit konnte nahezu halbiert werden. Vor allem aber hat der größte Staat der Erde in den vergangenen Jahren den größten Teil seiner Auslandsschulden vorzeitig zurückgezahlt. Dass Russland wie ein Phönix aus der Asche gestiegen ist, kommt auch in der Börsenentwicklung zum Ausdruck. Seit dem Amtsantritt Putins konnte sich der RTS Index mehr als verzehnfachen.

Ob Medwedew vor diesem Hintergrund ein leichtes Spiel haben wird, den wirtschaftlichen Erfolg weiterzuführen, ist fraglich. Das veränderte Weltwirtschaftsklima und verpasste Chancen auf Strukturreformen verdüstern jedenfalls das Bild. (Sigrid Schamall, derStandard.at, 04.03.2008)