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Ron Jones

Foto: APA/Constantin Film/Anna Rauchenberger
Wien - Am 14. März läuft die von Dennis Gansel inszenierte deutsche Neuverfilmung von "Die Welle" mit Jürgen Vogel und Christiane Paul in den österreichischen Kinos an. Der 1981 entstandene gleichnamige US-Fernsehfilm ist längst - ebenso wie der gleichzeitig erschienene Roman von Morton Rhue (eigentlich: Todd Strasser) - zum oft verwendeten Lehrmittel im Schulunterricht geworden, wenn es um das Verständnis faschistischer Gesellschaftsphänomene geht.

Experiment mit Folgen

Roman und Filme beruhen auf einer wahren Begebenheit: einem Experiment, das der Geschichtslehrer Ron Jones 1967 an einer kalifornischen High School durchführte. Er wollte seinen Schülern vor Augen führen, wie sich faschistische Strömungen entwickeln können, indem er sie zu Angehörigen einer fiktiven "Bewegung" machte. Über die Organisation in der Bewegung "The Third Wave" wollte er den Jugendlichen zeigen, wie leicht sie durch die Einbindung in die Gemeinschaft, Ordnung, Disziplin, und den Ausschluss anderer manipuliert werden konnten. Als das Experiment auf unerwartet positive Aufnahme stieß, brach er es schließlich ab.

Jones, der anlässlich der Filmpremiere zu Besuch nach Wien kam, erklärte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Wien: "Die Tragödie war: Ich mochte es. Ich habe die Ordnung, die Disziplin, die Bewunderung geliebt. Ich war ein Opfer meines eigenen Experiments." Und nach wie vor ist der Lehrer überzeugt, dass "Die Welle" an jeder Schule, aber auch an jedem Arbeitsplatz auf der ganzen Welt funktionieren würde.

Lob der "Konfusion"

Heute setzt sich Jones, der wenige Jahre nach seinem 1967 durchgeführten Experiment wegen seines Engagements für Bürgerrechte und gegen den Vietnam-Krieg von der Schule verwiesen wurde, gegen Überwachung und Kontrolle durch den Staat ein. Er befürwortet daher "Konfusion" - gut sei es, an sich selbst zu glauben und an andere. Das Böse sei dagegen der Wunsch, automatisch Kontrolle zu haben, sowie Angst vor anderen haben zu müssen. "Jeder von uns ist zu Gutem und zu Bösem fähig", meinte Jones. Darum gebe es das System der "checks and balances" in einer Demokratie - also Gewaltentrennung und die wechselseitige Kontrolle der obersten Staatsorgane.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zog Parallelen zwischen dem Film und dem heurigen Gedenkjahr zur 70. Wiederkehr des "Anschlusses" Österreichs an Hitler-Deutschland. Um jungen Menschen die Spielregeln der Demokratie vor Augen zu führen, müsse man mit ihnen in einen Dialog treten. Aus diesem Grund wurde etwa im Vorjahr für Kinder und Jugendliche zwischen acht und 14 Jahren die "Demokratiewerkstatt" im Parlament ins Leben gerufen. Demokratie funktioniere nur, wenn Minderheiten berücksichtigt werden und niemand ausgegrenzt werde - gerade dieser Aspekt der Exklusivität werde in der "Welle" beschrieben, so Prammer. Schulen sollten einen Besuch des neuen Films jedenfalls mit einer Reflexion darüber und einer Diskussion über Massenphänomene verbinden. (APA/red)