Wo kulinarischer Genuss gedeiht: Bei den Rutschkas im Weinviertel genauso ...

Foto: STANDARD/Christian Fischer

... wie bei den Laschtowiczka-Kalbinnen knapp hinter Mönichkirchen

Foto: STANDARD/Laschtowiczka
Der Schriftsteller Martin Prinz aß sich durch's Land und begegnete Politikerplakaten, die dem Wort "Sinn" eine neue Bedeutung verleihen

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Road to Vienna hazardous - narrow winding roads, cluttered with ox carts, children and unpredictable native drivers. – Bereits am Vorabend, kurz nach der Ankunft in Mönichkirchen, hatte ich in der ehemaligen Wächterhütte am Grenzübergang zur sowjetischen Besatzungszone eine Abbildung dieses Hinweisschildes der Briten entdeckt.

Doch während die Wechsel-Bundesstraße längst nicht mehr voller Ochsenkarren oder Kinder ist, reicht ein einziges Überholmanöver eines Vertreters der am Land oft ambitioniert lebensmüden Rennfahrer-Jugend und man kann ohne Übertreibung sagen, dass sich in Bezug auf den letzten Teil der Warnung gar nichts geändert hat. Alles verändert hingegen hat sich in den vergangenen Jahren am Lindenhof in Krumbach, kaum zehn Kilometer Luftlinie von Mönichkirchen entfernt. Seit den dreißiger Jahren war der Hof der Familie Laschtowiczka einer der größten Milchbetriebe in der Buckligen Welt. Heute steht im Stall keine einzige Milchkuh mehr und Karl Laschtowiczkas Vater, obwohl seit Jahren im Ausgedinge, hat lange gebraucht, um sich daran zu gewöhnen, dass es um 6 Uhr früh nichts mehr zu tun gibt.

Von Scnappsideen, ...

Doch auch in den Gesichtern von Martina und Karl Laschtowiczka taucht acht Jahre nach der Umstellung auf die mittlerweile preisgekrönte Kalbinnenzucht die damalige Aufregung wieder auf, wenn sie von jenem Tag erzählen, an dem sie all ihre Milchkühe verkauften. Seine Eltern hätten zwar nichts gesagt, aber Karl Laschtowiczka ist sich sicher, dass sie sich in diesen Monaten bestimmt nicht nur einmal gefragt haben, ob sie ihren Sohn tatsächlich für diese Schnapsidee studieren hatten lassen, mit der Milchproduktion gerade dann aufzuhören, da die Preise annähernd wieder das Niveau der Zeit vor dem EU-Beitritt erreicht hatten, während Kälber im Jahr 2000 so gut wie nichts wert waren.

Doch die Idee, sich auf die gezielte Aufzucht von Kalbinnen zu spezialisieren, die auf den vielen Höfen neben der Betreuung der Jung- und Maststiere beziehungsweise Milchkühe meist zu kurz kam, war für die jungen Laschtowiczkas weit mehr als nur eine betriebliche Veränderung gewesen, sondern einfach notwendig, nachdem sie seit der Hofübernahme nie wirklich glücklich geworden waren. Nicht wegen des frühen Melkens oder ähnlich schnell benennbarer Gründe, vielmehr fehlte der jungen Familie die Aussicht auf eine Produktion, bei der sich etwas gestalten lässt - eine Veredelungsproduktion, wie Karl Laschtowiczka es nennt, wenn er von den Kalbinnen spricht, die sie großteils jung kaufen, aufziehen, weiden, besamen und dressieren, um sie hochträchtig wieder zu verkaufen, während ein anderer Teil nach der Aufzucht wieder zu den jeweiligen Kooperationspartnern zurückkehrt.

Nicht nur als gesündere, profitablere Milchkuh, sondern auch als flexibleres Tier. Das mag komisch klingen, wenn Karl Laschtowiczka Kühe auf solche Weise beschreibt. Doch stellen mittlerweile selbst die Nachbarn ihr Jungvieh am Lindenhof ein. Vor allem aber, schmunzeln die beiden Laschtowiczkas, seien auch ihre Kinder nicht mehr ständig krank, seit die Eltern fast wieder wie Studenten lebten.

Bei den Elisabeth und Walter Rutschka im nordöstlichen Weinviertel hatte die Betriebsumstellung weg von der Schweinemast nicht gleich beim ersten Versuch geklappt. Dafür funktionierte nach dem heftig gescheiterten Projekt einer Straußenzucht die Idee mit Freilandschweinen umso besser. So sind sie mittlerweile nicht nur exklusiver Zulieferer von Mini-Blut- und Leberwürsten für Manfred Buchingers Gasthaus Zur alten Schule, sondern auch einer der wenigen nicht-gastronomischen Einträge in Christoph Wagners Wo isst Österreich. Zufälligerweise war während meiner Reisetage gerade Schlachtwoche.

Und als ich anrief, um zu fragen, ob ich etwa am Mittwoch kommen könne, sagte mir Walter Rutschka, dass das der Tag des Wurschtens sei: käme ich also schon um sieben, könnte ich nicht nur beim Schneiden des Fleisches für Blut- und Leberwurst mithelfen, sondern dabei auch vom so genannten Stockfleisch kosten: Stelze, Schädel oder wonach mir sonst die Sinne stünden, in jedem Fall aber nur vom Besten, denn alles andere kommt, wie ich es dann auch selbst miterlebte, bei den Rutschkas in den Abfall und keinesfalls in die Wurst.

... fast freien Schweinen ...

Ein wenig flau war mir, obwohl beileibe kein Fleischverächter, an jenem Morgen dennoch, als ich zu nachtschlafener Zeit von zu Hause wegfuhr. Es war neblig und finster, der Wetterbericht hatte Eisregen angesagt. Durch Stammersdorf und Föhrenhain ging es unter einem ersten violettstichig-graublauen Morgenlicht zur Stadt hinaus. Langsam wurde es heller, der Nebel jedoch dichter, und die Lichter der entgegenkommenden LKW-Kolonne blendeten. Vollends unwirklich dann das Flutlicht auf den Schottertrassen der Nordautobahn-Baustelle.

In Altlichtenwarth jedoch stellte sich die Frage, ob dieser Tag vielleicht nie begänne, dann keinen Augenblick mehr. Im Hof der Rutschkas siedete bereits das Fleisch, und während der Arbeitsgast während des Fleischschneidens mit dem Essen kaum aufhören konnte, erzählten Elisabeth und Walter Rutschka, wie ihnen damals vom ganzen Ort prophezeit worden war, spätestens im Winter würden ihre Freiland-Schweine erfrieren. Wie sehr sich die Ortschaft darin getäuscht hatte, zeigte aber dann gerade dieser Spätwintertag, der selbst an dünnen Zaundrähten zentimeterlange Raureifwimpern wachsen hatte lassen - so quicklebendig waren die Schweine in ihren mit Holzunterständen bestückten Gehegen unterwegs.

Da meine Reiseroute aber, wie mir die STANDARD-Redaktion bereits vor Tagen geschrieben hatte, ziemlich Essens- und Bauern-zentriert wäre, musste ich an diesem Mittwoch noch woanders hin. Ins St. Pöltner Regierungsviertel, in dem es zu Dienstschluss aber viel schöner kommen sollte, als ich es erwartet hatte. Auch wenn mir hinter den Beamten, die so eilig zu den Abgängen der Tiefgaragen strebten oder sich vor den Haltestellen der in alle Landesteile abfahrenden Wiesel-Busse sammelten, zuerst eine Welt aufging, wie ich sie in ihrer Verlassenheit bislang nur aus einem Roman meines Freundes Thomas G. kannte.

Bis ich dann, am bereits leeren Landhausboulevard, auf den Lichtschein und die gedämpft nach außen dringende Musik einer Tapas-Bar stieß, in der die darin Sitzenden keineswegs nach schneller Flucht aussahen. Weder die vier, fünf an einem Tisch zusammen Sitzenden, die kaum so wirkten, als habe ihr Leben je mit Amtswegen oder Papier zu tun. Noch die beiden anderen, die in paar Tische weiter weg saßen; fast so, als würde hier etwas beginnen. Eine Geschichte vielleicht, die, wäre sie nicht zu schön, um wirklich zu sein, das Gegenteil bloßer Verlassenheit erzählte.

Während für mich die Reise durch Niederösterreich am nächsten Morgen auf der Mariazeller-Bundesstraße weitergeht, in der Ebene südlich von St. Pölten vorbei an Gewerbeparks, Autohäuser und Tankstellen, Richtung Türnitz zu Erich Leitner, dem Staatspreisträger für Waldwirtschaft 2002.

... und mächtig viel Schotter

Bis auf Schottergruben gibt es hier im Steinfeld kaum freie Flächen mehr. Doch hässlich war es hier immer. Zumindest für jemand, der nicht weit von hier und doch - in den Bergen rund um Lilienfeld - in einer ganz anderen Gegend aufgewachsen ist. Und so fand ich schon als Kind die stetig wachsenden Einfamilienhaus-Siedlungen rund um Ortschaften wie Spratzern, St.

Georgen oder Wilhelmsburg auf seltsam gesichtslose Weise schaurig. Nur schien damals hinter den Fassaden noch versteckt gewesen zu sein, was sich heute auf Plakatwänden grell und groß Luft verschafft, wie etwa eine alle hundert Meter beworbene Dessous Show, über die es im Untertitel heißt: Face your fears. Dazwischen Hermann Maier als Ritter der Raiffeisenkassa sowie der politische Hauptmann des Landes, dessen Vorname zumindest im Vorbeifahren in der Vergrößerung seiner Unterschrift nicht wie Erwin aussieht, sondern vielmehr wie das Wort Sinn. Soll sein. Während ich in Wilhelmsburg an einem anderen Plakat vorbeikomme, das im örtlichen Puff frische Mädchen anpreist, und mir ganz sicher bin, dass sowohl die Laschtowiczkas wie auch die Rutschkas ihre Tiere nie als nur frisch bewerben würden.

Leintuch-bespannte Heuballen

Insofern hat der Hauptmann Recht, wenn er auf seinen Plakaten meint, die Welt sei kleiner geworden, aber nicht gemütlicher. Face your fears, ja, genauso ist es, während auf einem Leintuch-bespannten Heuballen steht: Lieber Hermann, zum Geburtstag alles Gute wünscht Dir Deine Feuerwehr.

Warum sich die Landschaft aber dort weit weniger entblößt, wo neben der Bundesstraße die Berge höher werden und das Tal enger, lässt sich hingegen nicht so einfach klären, wie das Anhänger der üblichen Alpenland-Klischees gern hätten. Stattdessen bleibt der Verdacht, dass es sich ohnedies nur um eine Veränderung der Trieb-Sublimierung handelt (wie das in einer entsprechenden Theorie wohl heißen würde), wenn aus dem Sexuellen einfach das Künstlerische wird und man entlang der Bundesstraße bei jeder Kreuzung auf grün-weißen Hinweisschildern hingewiesen wird, dass das ganze obere Traisental eine Kreativregion sei. Meist noch ergänzt durch ein braunes Fremdenverkehrs-Schild mit der Aufschrift Kameltheater.

Johann Tröstl, der Pfefferhofer, wie ihn Erich Leitner mir wenig später mit Hausnamen vorstellt, lächelt darüber höchstens, doch beschäftigt es ihn vermutlich keinen einzigen Augenblick. Genauso wenig wie er, sollte es zur so genannten Kreativregion irgendwelche Folder geben, je in einem solchen vorkäme. Obwohl Johann Tröstl der vermutlich wichtigste Kreativkopf, Erfinder und Konstrukteur des ganzen Tals ist. Hätte ihn Erich Leitner aber für unseren Vormittag in seinem Waldbauernbetrieb nicht eingeladen, würde ich den Pfefferhofer bis heute nicht kennen.

ABC des Waldes

Ebenso wenig wie ich ohne diese Reise auch keinerlei Ahnung von den ersten Buchstaben eines Alphabets hätte, das man, ohne zu hoch zu greifen, getrost als das ABC des Waldes bezeichnen kann. Etwa dass Fichten sich gegenseitig zwar halten, doch auch zu dicht stehen können und dann erst weiter oben richtige Äste bilden, kopfschwer werden und bei jedem Sturm vom Wipfelbruch bedroht sind. Ein lautloser Kampf zwischen den Bäumen um Halt und Platz sei das, sagt Tröstl beim Blick hinaus. Während ich im nächsten Waldstück lerne, dass eine mit Z markierte Buche ein Zukunftsbaum ist, der deshalb von rundum aufgehenden Bäumen geschützt werden muss, um mit genügend Platz zu jenem vollen und gleichmäßigen Wuchs zu kommen, der ihn dann zum Vermögen macht - zwei Bauerngenerationen später.

Steil geht es bergauf, auf der Forststraße liegt fester Altschnee und die Fahrspur ist vereist, Leitners Allrad müht sich jedoch kaum. Blauer Himmel strahlt zwischen dem leuchtenden Grau der Buchenstämme und Leitners Jagdhund spielt Schoßtier, wird jedoch wie ausgewechselt gleich als großer Angeber kreuz und quer über den Hang jagen. Gerade erst zwei Wochen ist der Sturm Paula her und die beiden Männer schmunzeln über die von der Forstwirtschaft in beruhigender Absicht bekannt gegebenen Zahlen, denn derzeit wisse man noch gar nichts, stehe man doch erst am Beginn der vom Windbruch notwendig gewordenen Durchforstungen. Was gerade in dieser Region aber eine mindestens ebenso notwendige Arbeit aufhält, nämlich jene in den immer mehr vom Rotwild geschädigten Waldbeständen.

Kapitaler Hirsch

Warum das gerade hier im Bezirk Lilienfeld ein besonderes Problem sei, frage ich die beiden zwar, habe jedoch gleichzeitig bereits mehr als nur einen Verdacht. Denn in Lilienfeld, hatte Karl Laschtowiczka vor ein paar Tagen zu mir gesagt, nachdem ich ihm erzählt hatte, wo ich herkäme, da interessierte sich, so höre man es überall, das Forstamt der Bezirkshauptmannschaft doch nur für die Jäger. Schotterbarone, wie der Pfefferhofer und Erich Leitner sie nennen, denen selbst behördliche Strafen egal seien, wenn es darum gehe, einen kapitalen Hirsch mehr im Revier zu haben.

Wir hätten nicht so gegen die Bären sein dürfen, sagt Johann Tröstl während wir oben am Berg vor der imposanten Maschinerie von Tröstls funkgesteuertem Holzeinbringungssystem aussteigen. Drei Seile spannen sich hier etliche hundert Meter den steilen Berghang hinunter. Früher wurden die gefällten Stämme in gefährlicher Prozedur abwärts gerutscht. Heute werden sie von einem Laufwagenautomat, der von einem Kran-artigen Führerhaus bedient wird, je nach Gelände, mittels Greifzangen den Berg herauf- oder hinuntergeholt und am Ende des Vorgangs ebenso funkgesteuert geschält, auf Anhänger-Größe geschnitten und verladen.

Seiltüftler

In den frühen 80er Jahren hatte Tröstl begonnen, an dieser Form der Seilbringung herumzutüfteln, anfangs mit einer Traktorwinde, dann schon per Fernsteuerung. 1995 hatte er jenes Mehrfachseilsystem entwickelt, dass es ermöglicht, einen am Tragseil steuerbaren Laufwagenautomaten mithilfe eines Last- und eines Zugseiles an jede Stelle der Seilstrecke zu bringen und dort auch sicher zu fixieren, womit die Greifzangen nunmehr überall am Hang Stämme aufnehmen können. Noch im Jahr 1995 bekam Tröstl dafür den Innovationspreis der österreichischen Forstwirtschaft und sein System wurde von Mayr-Melnhof übernommen, wodurch Österreich zu einem der führenden Länder in der technologischen Entwicklung der Seilanbringung in der Forstwirtschaft wurde.

Mittlerweile ist Tröstls Sohn Hans in die Fussstapfen des Vaters getreten und hat die TST (Tröstl-Seilkräne-Türnitz) gegründet. Von ihm, nicht von sich selbst, spricht Johann Tröstl dann auch beim Hinunterfahren wenn er stolz hinzufügt, dass eben sogar ein Bauernsohn mit weltweit führenden Seilgeräteproduzenten mithalten könne. Während er das, was ihm selbst als Erfinder gelungen ist, lieber in technischen Erklärungen verwischt. Oder stattdessen zum Fenster hinaus in den Wald schaut und meint, das sei schon eine ganz vornehme Sache, der Wald. Und manchmal auch die Menschen, denkt man sich, wird aus seinen Überlegungen aber schnell wieder zurückgeholt, als Leitner und Tröstl von der Türnitzer Fernwärmegenossenschaft erzählen, für die sie im Aufsichtsrat sitzen.

Fernwärme

Denn so erfolgreich die von insgesamt 42 Grundbesitzern gegründete Genossenschaft seit 1991 auch war, einerseits einen gesicherten Absatz für Nadel- und Laubfaserhold zu schaffen und andererseits gerade im beckenlagigen Türnitz, wo winterliche Kaltluftseen immer wieder hohe Schadstoffmengen in der Luft bilden, mit einem zentralen Heizwerk die privaten Emissionen zu verringern, so sehr trübt eine gänzlich unverständliche Tatsache derzeit die Bilanz.

Denn während neben über 100 privaten Haushalten auch alle öffentlichen Gebäude ganz selbstverständlich Fernwärme beziehen, so ist das gerade bei der größten öffentlichen Einrichtung, der HBLA Türnitz, nicht der Fall. Die stellte 2002 aus Kostengründen einfach wieder auf Erdöl um, nachdem es die Genossenschaft gewagt hatte, den Preis nach zehn Jahren erstmals indexabhängig anzupassen. Zudem ist die öffentliche Hand der Genossenschaft beim Ausstieg insgesamt 35.000 Euro schuldig geblieben, eine seitdem gerichtsanhängige Summe.

Dass dennoch Verhandlungen über eine Wiederaufnahme ins Fernwärmesystem geführt werden, hat aber hoffentlich zumindest mit der Tatsache zu tun, dass eine öffentliche Schule, die sich im Internet als Schule im Grünen bewirbt, heutzutage jegliche pädagogische Glaubwürdigkeit in Sachen Umweltschutz verliert, wenn sie auf eine Resource wie die Türnitzer Fernwärme verzichtet.

Wirtshaus in Gutenbrunn

Auch davon erzähle ich dann spätabends an der Schank eines Wirtshauses in Gutenbrunn, als ich von der kleinen, für ein letztes Achterl verbliebenen Runde im Bühnenwirtshaus Juster nach meiner Reise gefragt werde. Doch nur kurz, denn da es erst das erste letzte Achterl war und damit die Schank zu der weit interessanteren Bühne wird, als es für einen Kabarettignoranten wie mich die meisten Veranstaltungen in Dieter Justers Lokal vermutlich sind.

Eine Bühne nämlich, wie Wirtshäuser sie an ihren Theken einfach haben müssen; sonst sind sie keine Wirtshäuser. Genauso wie sie auch Erzählungen brauchen wie jene von der letzten Heldentat eines der Gutenbrunner Originale, dessen Namen ich auf der Strecke vom Fluchtachterl, Pfiat-do-god-Achterl bis zum Pressachterl wohlweislich vergessen habe.

Nicht aber die Geschichte selbst, die davon erzählt, wie dieser robuste Quartalstrinker unlängst in Bärnkopf, der Nachbarortschaft in einem Wirtshaus einen Gutenbrunner gefragt habe, ob er ihn mit nach Hause nehmen könne. So geschah es dann auch, doch hielt es den trinkfesten Mann nur für die Hälfte der zehn Kilometer langen Strecke bei seinem Vorsatz und er schlug seinem Fahrer vor, doch für ein Vierterl noch einmal umzudrehen.

Als dieser ablehnte, war aber im nächsten Augenblick auch schon die Beifahrertür offen und der Beifahrer weg. Weg, einfach ausgestiegen, bei normalem Landstraßentempo. Natürlich blieb der Fahrer stehen, drehte um und suchte den vermutlich ziemlich Verletzten. Nur, er fand ihn nicht, solange er auch suchte. Erst am nächsten Tag wurde er wieder gesehen und habe auch nicht anders als nach anderen Räuschen ausgesschaut. (DER STANDARD/ Printausgabe 6.3.2008)