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Ecuadorianische Soldaten auf dem Weg in den Dschungel bei Lago Agrio, 20 Kilometer von der Grenze zu Kolumbien entfernt.

Foto: REUTERS/Guillermo Granja

Werner Hörtner ist Buchautor und Redakteur der in Wien erscheinenden Zeitschriften "Südwind" und "Lateinamerika anders". Er glaubt nicht an eine militärische Eskalation zwischen Kolumbien und seinen Nachbarstaaten Ecuador und Venezuela.

Foto: Werner Hörtner

Hörtners Buch "Kolumbien verstehen" ist im Oktober 2006 beim Rotpunktverlag Zürich erschienen. Im Jänner dieses Jahres gab es eine Neuauflage. Es kostet 20,40 Euro.

Foto: Werner Hörtner
"Die derzeitige Situation an Kolumbiens Grenzen ist als Säbelrasseln einzustufen, den Ausbruch einer kriegerischen Auseinandersetzung erwarte ich nicht." Der Südwind Redakteur und Buchautor Werner Hörtner glaubt nicht an eine militärische Eskalation zwischen Kolumbien und seinen Nachbarländern Venezuela und Ecuador.

Dass Venezuela Truppen an die kolumbianische Grenze geschickt hat, sei "eine Warnung an Kolumbien" die Staatsgrenzen Venezuelas zu respektieren.

Am Samstag vergangener Woche hat die kolumbianische Armee auf dem Staatsgebiet Ecuadors 23 Kämpfer der marxistischen FARC (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) getötet. Darunter Raùl Reyes, Sprecher und Nummer zwei der FARC. Ecuador reagierte darauf mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien und schickte Truppen an die Grenze. Auch Venezualas Präsident reagierte empört - ohne aber direkt von der Grenzverletzung betroffen zu sein. Chavez nannte den Präsidenten Kolumbiens Álvaro Uribe eine Marionette der USA, brach ebenfalls die diplomatischen Beziehungen zum Nachbarstaat ab und ließ auch Truppen an der Grenze aufmarschieren.

Diese ausgesprochen scharfe Reaktion Chavez erklärt sich Hörtner mit den seit einiger Zeit stark verschlechterten Beziehungen zwischen Kolumbien und Venezuela.

Chavez war von Uribe als Vermittler bei Verhandlungen mit der FARC über die Freilassung von Geiseln eingesetzt. Dieses Mandat hat Uribe Chavez mittlerweile entzogen. "Das hat ihm Chavez sicher übelgenommen", vermutet Hörtner.

"Freilassungen jetzt passé"

"Das ist der tragische Aspekt bei dieser Sache", sagt er weiter. Die Verhandlungen zwischen Chavez und der FARC sollten schon weit vorangekommen sein. Es wäre sogar die Rede davon gewesen, dass auch Betancourt freikommen könnte. Hörtner: "Die Aussicht auf Freilassungen ist jetzt passé."

Der Zeitpunkt des Angriffs des kolumbianischen Militärs auf ein Camp der FARC in Ecuador wäre auch nicht zufällig gewählt. Hörtner vermutet einen Schachzug der USA noch vor der möglichen Freilassung weiterer Geiseln. Für die USA ist Uribe ein wichtiger Teil des Bollwerks gegen die linksgerichteten Regierungen der Region. Der Kampf gegen die marxistischen Guerilleros der FARC ist ein wichtiger Faktor in der Politik Uribes. Die FARC ist das Feindbid mit dem Uribe von dem weniger erfolgreichen Kampf gegen den Drogenhandel ablenkt, erklärt Hörtner.

Über die Bedeutung des Verlustes von Raùl Reyes sagt Hörtner: "Reyes war eigentlich fast die Nummer Eins. Der oberste Chef Manuel Marulanda tritt öffentlich nie auf. Einige zweifeln sogar, ob es er noch lebt." Der Verlust von Reyes, bedeutet aber keine wesentlichen Änderungen für die FARC. Hörtner: "Die Führung ist schon sehr lange ein Kollektiv."

"Die FARC hat genug Geld"

Kolumbiens Vorwürfe, wonach Ecador die FARC unterstützen würde, glaubt Hörtner nicht. Die Grenz-Überschreitung der der FARC sei Ecuador nicht anzulasten. "Die FARC hat genug Geld, um sich Waffen zu kaufen. Die Guerilleros brauchen weder finanzielle noch militärische Unterstützung", argumentiert Hörtner. Ecuador habe zwar unter Premier Rafael Correa eine linke Regierung, die führenden Kopfe kommen aber aus einer linkskatholischen Bewegung, die streng gewaltfrei ist. Es gäbe keine Nähe zur FARC.

Wie sich die Lage weiterentwickeln werde ist für Hörtner schwierig zu beantworten. "Ich wüsste nicht was Kolumbien tun könnte, um die Situation zu beruhigen. Eine Entschuldigung hat wahrscheinlich wenig Sinn." Und weiter: "Der Stachel der Spannung wird wahrscheinlich bleiben, auch wenn es keine bewaffnete Auseinandersetzung gibt." (Michaela Kampl, derStandard.at, 6.3.2008)