Internet ist für große Zeitungen seit Jahren eine Selbstverständlichkeit. Auch das britische Traditionsblatt Daily Telegraph ist seit 1994 online und gehört damit eigentlich zu den digitalen Vorreitern im Zeitungsgeschäft. Doch erst seit rund zweieinhalb Jahren arbeiten Online und Print wirklich Hand in Hand, berichtete Chris Lloyd, Assistant Managing Editor der Telegraph Media Group heute, Donnerstag, bei der Generalversammlung des Vereins Österreichischer Zeitungen (VÖZ) in Wien. Bis dahin habe man die Vorteile einer Verschränkung beider Welten nicht wirklich erkannt und genutzt, so Lloyd.

Gute Zahlen

Nachdem sich die Verkaufszahlen der beiden Hauptblätter "Daily Telegraph" und "Sunday Telegraph" bei dem 150 Jahre alten Unternehmen trotz Internetboom gut entwickelten, habe sich das Management schlicht nicht zu Umstrukturierungen genötigt gesehen. Der tatsächliche Nachdenkprozess startete erst mit den Umschichtungen bei den Werbeausgaben, dem rasanten Anstieg bei den Spendings für Internet und dem langsamen Rückgang bei den Zeitungen. Im Rahmen der Analysen wurde schließlich klar, dass man sich nicht nur aufgrund der Werbezahlen, sondern vor allem für die Leser selbst neu positionieren musste. "Dass der Konsument 24 Stunden auf neuen Content warten muss, wird für Print immer gefährlicher", so Lloyd.

Newsroom

Seit 2006 sitzt die Redaktion in einen Newsroom. Journalisten wurden umgeschult auf die Verknüpfung der drei Hauptplattformen Online, Print und Video. Mit den Neuerungen habe sich aber auch die Papierausgabeausgabe verändert. Zu lange seien hier die technischen Möglichkeiten bei Druck und Gestaltung außer Acht gelassen worden. Noch im neuen Jahrtausend "wurden Zeitungen produziert wie in den 80er Jahren", übte Lloyd Kritik an sich selbst und an der Branche. Mit dem nunmehrigen Multiplattform-Angebot habe die Telegraph Gruppe in den vergangenen zwei Jahren "in einem schrumpfenden Markt zusätzliche Marktanteile gewonnen, obwohl es noch immer Rückgänge beim Absatz gibt", so Lloyd.

Auch Sverre Munck, Vizepräsident des international agierenden skandinavischen Medienhauses Schibsted, bekannte, dass die Branche den multimedialen Entwicklungen gegenüber in der Vergangenheit möglicherweise "zu konservativ und ignorant" war. "Das Geschäftsziel ist nicht der Gewinn, sondern das Publikum." Die zum Unternehmen gehörende Zeitung VG verzeichnete 2008 erstmals mehr ausschließliche Onlineleser auf ihrer web-Plattform als reine "Analogleser" bei der Printausgabe.

Möglich

"Gewinne mit Online-News sind möglich", so Munck. Schibsted habe zwar im Internetbereich Lehrgeld bezahlt. Dass man aber auch in verlustreichen Phasen von 1998 bis 2002 das Online-Engagement bei VG ausbaute, habe sich dann ab 2003 mit jährlichen Gewinnen von über zehn Prozent und im vergangenen Jahr von plus 42 Prozent ausgezahlt, so Munck. Als Nachrichtenportal sei Online jedenfalls in Zukunft nicht mehr wegzudenken. Laut einer aktuellen US-Studie nennen 48 Prozent Internet als erste Nachrichten-Informationsquelle. Nur zehn Prozent sehen Zeitungen an erster Stelle.(APA)