nline-Gemeinschaften wie StudiVZ oder Xing verzeichnen rapide Zuwächse. Egal, ob es dabei um die Vernetzung mit Freunden und Bekannten oder mit Geschäftspartnern geht, scheinen nur wenige Nutzer Angst vor "dem Tod der Privatsphäre" zu haben. Zu Recht, meinen die Betreiber. "Da unsere Branche aber noch sehr jung ist, müssen soziale und ethische Gesetze erst definiert werden. Das ist wie mit Privat-TV vor 25 Jahren", erklärte Marcus Riecke, Chef von StudiVZ, auf der Computermesse CeBIT.

"Bei uns können die Geheimdienste nicht auf alles zugreifen, so wie in den Vereinigten Staaten seit dem Patriot Act"

Beim Datenschutz sei Europa im Vergleich mit den USA hingegen bereits gut aufgestellt. "Bei uns können die Geheimdienste nicht auf alles zugreifen, so wie in den Vereinigten Staaten seit dem Patriot Act", ergänzte Lars Hinrichs, Vorstandschef der Business-Kontaktplattform Xing (früher: OpenBC). Inzwischen würden sich die User weniger vor sozialen Netzwerken als vor Google fürchten. "Denn durch uns gibt es einen Punkt im Internet, wo man die Kontrolle hat", so Hinrichs.

Veränderungen

In Kontakt zu bleiben habe auch durch die Veränderungen am Arbeitsmarkt an Bedeutung gewonnen. Vor 50 Jahren sei man noch sein ganzes Leben bei einem Unternehmen beschäftigt gewesen. "Inzwischen liegt die Verweildauer in Europa bei drei und in den USA bei 1,8 Jahren. Daher wird es wichtiger, sich zu vernetzen", prognostizierte Hinrichs.

Angesprochen auf die massiven Proteste der Mitglieder gegen Werbeeinblendungen, die angeblich an die persönlichen Daten und Interessen angepasst worden sind, zeigte sich der Xing-Chef überrascht von den "sehr heftigen Reaktionen". Grundsätzlich seien relevante Informationen aber die beste Werbung. "Auch bei der Google-Suche haben die Einblendungen einen ganz anderen Charakter als TV-Spots, die nicht unbedingt den eigenen Interessen entsprechen", so Hinrichs. "Beschwerden tun immer weh. Aber wir haben daraus gelernt und werden in Zukunft alles bereits im Vorfeld viel deutlicher kommunizieren", sagte StudiVZ-Chef Riecke.

Interessanter als die Schlagzeile auf der Titelseite

Die Entwicklung der Branche sei ein Phänomen und ein Ende des Booms nicht absehbar. "Was in sozialen Netzwerken passiert, ist einfach interessanter als die Schlagzeile auf der Titelseite", so Riecke. Bei StudiVZ würde inzwischen mehr als die Hälfte der Mitglieder täglich einsteigen, "denn wer nicht teilnimmt, wird ausgeschlossen".

Soziale Netzwerke hätten sich im privaten Bereich durchgesetzt, würden nun aber auch auf die Unternehmen überschwappen, sieht Andreas Itzrodt von Ernst & Young einen anhaltenden Trend. "Wer das zu Hause nutzt, verwendet es auch in der Firma. Knapp jeder zweite Arbeitnehmer setzt sich bewusst darüber hinweg, wenn es ein Verbot im Unternehmen gibt", so Itzrodt. Außerdem würden nun die ersten leidenschaftlichen Anwender in die Führungsriege der Betriebe hineinwachsen.(APA)