Die Ionenfalle, das Herzstück der quantenlogischen Uhren. Das übrige "Uhrwerk" füllt ein Labor.

Foto: NIST
Innsbruck/Washington - Nein, diese Uhr kann man nicht am Handgelenk tragen. Sie braucht nämlich ein ganzes Labor, das wiederum in Boulder im US-Bundesstaat Colorado steht. Am dortigen National Institute of Standards and Technology (NIST) hat ein Forscherteam eine Apparatur entwickelt, die es möglich macht, optische Frequenzen in einer bisher nie geahnten Genauigkeit zu messen. Mit anderen Worten: Sie haben die genaueste Uhr der Welt entwickelt.

Ungenau ging es bei der Präzisionszeitmessung ja schon bisher nicht zu: Cäsium-Atomuhren, die bisher das Maß der Dinge darstellten und auf der ganzen Welt die Sekunde vorgeben, weichen in ihren neuesten Versionen gerade einmal ein paar Sekunden in 300 Millionen Jahren ab.

Den Physikern ist das aber noch nicht genau genug. Und nun gelang den Forschern am NIST unter Mitarbeit des Physikers Piet Schmidt, der seit drei Jahren am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck forscht, eine weitere Verbesserung um den Faktor zehn, wie in der aktuellen Ausgabe des US-Wissenschaftsmagazins Science (Bd. 319, online) berichtet wird.

"Um das zu beweisen, wurden die Frequenzen von zwei solchen optischen Atomuhren miteinander verglichen und eine Abweichung von nur 5,2 x 10 hoch -17 festgestellt", sagt Schmidt, der als Postdoc das Experiment in Boulder mit aufgebaut hat. Sprich: Auf 17 Dezimalstellen genau. Oder, in ein anderes Verhältnis gebracht: "Das ist, wie wenn man den Abstand der Erde zur Sonne auf ein Zehntel des Durchmessers eines Haares bestimmen könnte", so Schmidt.

Quantenlogische Uhren

Herzstück der neuen Weltrekord-Uhren sind einzelne Quecksilber- und Aluminium-Ionen, wie Schmidt erklärt: "Das Aluminium-Ion hat einen sehr schmalen Uhrenübergang, der sich zudem als besonders resistent gegenüber äußeren Einflüssen gezeigt hat. Das Ion kann aber nur sehr schwer kontrolliert werden."

Dem Aluminium-Ion wird deshalb ein Beryllium-Ion zur Seite gestellt, das als eine Art Vermittler dient und sowohl bei der Laserkühlung als auch bei der Messung hilft. Diese sogenannte Quantenlogik-Spektroskopie wurde von Piet Schmidt und seinen Kollegen am NIST vor drei Jahren zum ersten Mal realisiert.

Da die Ionen nicht kontinuierlich Signale für die Messung liefern, werden sie mit hochstabilen Lasern gekoppelt, die wie ein Schwungrad die Lichtfrequenz erhalten und durch regelmäßige Messungen an den Ionen immer wieder geeicht werden.

Das "Zeitablesen" ist extrem sensibel. So darf der Abstand der beiden Atomuhren vom Erdmittelpunkt wegen der Gravitation um nicht mehr als 10 cm differieren. Dies eröffnet umgekehrt aber auch neue Perspektiven für die Forscher. So könnten die Atomuhren in Zukunft auch zur Untersuchung des Gravitationsfelds der Erde verwendet werden. Das ist aber noch nicht alles.

Besonders interessant seien Messungen über längere Zeiträume hinweg, so Schmidt. "Damit können wir nämlich überprüfen, ob sich fundamentale Naturkonstanten langfristig ändern. Und das wäre natürlich spektakulär." Die Forscher in Boulder konnten mit ihren Messungen aber beruhigen.

Naturkonstanten-Prüfung

Die Feinstrukturkonstante O, die die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung angibt, änderte sich über die Laufzeit von einem Jahr nicht signifikant. Genau hier will aber Piet Schmidt mit seinen neuen Experimenten in Innsbruck ansetzen. Denn es gibt astrophysikalische Beobachtungen, die andeuten, dass sich die Feinstrukturkonstante O bei der Entwicklung des Kosmos verändert hat. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. März 2008)