Dass der US-amerikanische Poet, Säufer und exemplarische "dirty old men" der Richtung Underground und Sodbrand gelesenen Literatur der 1970er-Jahre seine einzige Lesung im deutschsprachigen Raum mit einem bewährten wie abgeschmackten Showbusiness-Bonmot einleitet, ist geschenkt! "Hello, it’s good to be back." Nach kolportierten zwei Flaschen Müller-Thurgau in nur 47 Minuten ist die vor 1200 in den Saal gestopften Besuchern zelebrierte Lese-Performance vom 18. Mai 1978 in der Hamburger Markthalle des damaligen literarischen Helden der Richtung hedonistisches Lumpenproletariat driftenden Weltjugend schon wieder vorbei: "Wer Durst hat, ich habe hier drei Weingläser stehen. Aber halt – die brauche ich eigentlich selber!"

Charles Bukowski befindet sich damals mit seinen von Freund und Mentor Carl Weissner kongenial ins Deutsche übersetzten Büchern und Gedichten am Höhepunkt seiner Karriere. Und er gibt auch in Hamburg den genussvoll an diversen Träumen vom besseren (amerikanischen) Leben gescheiterten Zyniker mit aller zu Gebote stehenden Abgeklärtheit. Mit sonorer, allerdings zunehmend distinguiert lallender Vortragsstimme bringt Bukowski mit lakonischen, schwarzhumorigen Poems wie Looking For A Job, I Met A Genius oder When Hugo Wolf Went Mad den zu zahlreichen Zwischenrufen und Gläserklirren im Publikum einladenden Entertainer.

Lange vergriffen und nur als Raubkopie erhältlich, wird dieses Ereignis nun endlich regulär wiederveröffentlicht. Inklusive Kommentaren von Bukowski und Carl Weissner sowie einer deutsch-englischen Dokumentation der vorgetragenen Texte. Manchmal macht Literatur auch schlicht und einfach betrunken. Entsprechende Verbraucherhinweise werden gratis mitgeliefert. (Christian Schachinger, ALBUM/DER STANDARD, 08/09.03.2008)