Graz - Es ist überraschend schnell gegangen. Kaum war die Tinte der Unterschrift unter dem Koalitionspakt mit der Grazer ÖVP trocken, vollzog sich in der Grünen-Führungsetage eine rasche Mutation zur machtbewussten Regierungspartei. Der SPÖ, immerhin noch die zweitstärkste Partei im Rathaus, wurde der Koalitionspakt auf den Tisch geknallt. Die SPÖ solle den schwarz-grünen Pakt mittragen, drängten ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl und Lisa Rücker, die neue Grünen-Vizebürgermeisterin in spe, den SPÖ-Chef Wolfgang Riedler bei einem vertraulichen Treffen am Dienstag dieser Woche - das Gesprächsprotokoll des Treffens liegt dem Standard vor.

SPÖ-Chef Riedler: "Was versteht ihr unter mittragen?" Lisa Rücker: "Wenn ihr bei unseren Projekten sagt, ja, das macht Sinn - dann wäre das der Idealfall, ihr unterschreibt." Riedler wendet ein, er könne kein Programm unterschreiben, das er nicht mitverhandelt habe und gar nicht kenne. Ein weiterer SPÖ-Gesprächsteilnehmer verlangt, dass es noch intensiverer Gespräche bedürfe. Rücker lehnt ab: "Die Koalitionsverhandlungen sind abgeschlossen."

Zu diesen Koalitionsverhandlungen zählt auch, wie dem Papier zu entnehmen ist, eine bis dato noch geheim gehaltene, dafür umso konsequentere schwarz-grüne Umfärbung des größten kommunalen Betriebes, der Stadtwerke AG. Aus dem Aufsichtsrat sollen demnach alle städtischen SPÖ- und auch der KPÖ-Vertreter geschmissen und durch schwarze und grüne Aufsichtsratsmitglieder ersetzt werden.

Den Aufsichtsratsvorsitz will Bürgermeister Siegfried Nagl, der sich stets gegen Politiker in Aufsichtsräten ausgesprochen hatte, selbst übernehmen. Nagl, laut Gesprächsprotokoll: "Die Politik soll sich im Aufsichtsrat wiederfinden."

Rücker beschwichtigt, dass ohnehin "nicht überall nur schwarz-grün" besetzt werde, die Koalition werde "nicht in vollen Machtrausch" verfallen, wird Rücker im Gesprächsprotokoll zitiert. (Walter Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 8.3.2008)