Es gewitterte in Edinburgh, das Feld von Murrayfield war vollgesogen vom Regen, als die gastgebenden Schotten England von Beginn an unter Druck setzten und durch Meisterkicker Paterson nach neun Minuten auch in Führung gingen. Das bisher sieglose Team der Gastgeber kam mit dem biederen (und insofern dem eigenen sehr ähnlichen) Spiel der Engländer sichtlich besser zurecht als zuvor mit den viel offener auftretenden Franzosen, Walisern und Iren. Da hatte sich die Mannschaft des hart kritisierten Trainers Frank Hadden rasch schwer überfordert gezeigt.
Eine kritische Phase hatten die Schotten um die 20. Minute zu überstehen, als England mit seinem Glanzstück, dem nur schwer zu stoppenden Paket, die Trylinie der Schotten bedrohte. Der Gegner schwebt dabei stets in Gefahr einen Regelverstoß zu begehen und in der Folge sichere Punkte durch Jonny Wilkinson zu riskieren. Doch Schottland hielt dagegen und die Partie gegen die favorisierten Besucher weiter offen. Beide Teams operierten, wohl auch aufgrund der schwierigen äußeren Bedingungen, mit vielen hohen Kicks. Zugunsten eines Kombinationsspiels wurde kaum einmal optiert.
Paterson stellte mit der letzten Aktion vor der Pause den Halbzeitstand von 9:3 her und erhöhte mit einem weiteren Penalty unmittelbar nach Wiederbeginn auf 12:3. Die Schotten verfolgten nun das Ziel, die Engländer in deren Spielhälfte festzunageln um so etwaige Kick-Gefahr hintanzuhalten. Das gelang zumeist ohne größere Probleme, was auch ein Territory-Verhältnis von 60:40 zum Ausdruck brachte. Weitere drei Punkte, diesmal durch Parks, konkretisierten die Siegeshoffnungen in Murrayfield weiter. Wilkinson brachte die Engländer zwar rasch noch einmal auf 9:15 heran, mehr war für sein Team aber nicht mehr drin.
Nur kurz, als eine Stunde um war, schien ein Durchbruch der Engländer den Bereich des Möglichen zu rücken. Als die Gäste mehr Risiko versuchten, lösten sich die erstarrten Formationen ansatzweise auf. Doch rasch gelang es den Schotten wieder, den unkreativen Gegner in Breakdown-Situationen zu verwickeln und die verbleibende Zeit herunterticken zu lassen. Dass Wilkinson mit nun 1099 Punkten einen neuen Rekord im Testrugby aufstellte, wird den Engländern nur geringer Trost sein.
Wales verdaute in Dublin einen 0:6-Rückstand, um nach 50 Minuten durch den ersten und einzigen Try der Partie durch den fulminanten Shane Williams zum 13:6, eine Vorentscheidung zu eigenen Gunsten herbeizuführen. In der deutlich spektakuläreren Partie sicherten sich die weiter ungeschlagenen Waliser damit auch die "Triple Crown" als Lohn für ihre Erfolge gegen alle anderen Home Nations (England, Schottland und eben Irland).
Für Coach Warren Gatland ist aber natürlich der Turniersieg das große Ziel. Gegen Frankreich reicht dafür am kommenden Wochenende in Cardiff sogar eine knappe Niederlage. Gatland: "Es wird hart, aber wir spielen zu Hause und das ist doch nett. Außerdem haben wir die Angelegenheit in den eigenen Händen und werden uns auf niemand anderen verlassen." (Michael Robausch)
Ergebnisse Six Nations, vierter Spieltag:
Schottland - Penalties: Chris Paterson (4), Dan Parks
England - Penalties: Jonny Wilkinson (3)
Wales - Try: Shane Williams. Conversion: Stephen Jones. Penalties: Stephen Jones (2), James Hook.
Irland - Penalties: Ronan O'Gara (4)
Frankreich - Tries: Yannick Jauzion, Aurelien Rougerie, Anthony Floch. Conversions: Dimitri Yachvili (2). Penalties: Yachvili (2)
Italien - Try: Martin Castrogiovanni. Conversion: Andrea Marcato. Penalties: Marcato (2)