Budapest - Bei dem von der rechtskonservativen Opposition angestrengten Referendum haben sich die ungarischen Wähler am Sonntag deutlich gegen die neuen Arztpraxis-, Spitals- und Studiengebühren ausgesprochen. 3,2 Millionen Stimmberechtigte wiesen die Gebühren und damit die Gesundheits- und Bildungsreform der sozialliberalen Regierung von Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany zurück. Insgesamt gaben über vier Millionen Wähler ihre Stimmen ab, das entspricht einer überraschend hohen Wahlbeteiligung von 50,5 Prozent.

Das Votum fiel wesentlich eindeutiger aus als von den meisten Meinungsforschern erwartet und ist für das Parlament bindend. Nach Auszählung von 99,99 Prozent der Stimmen stimmten laut Landeswahlbüro (OVI) 82,5 Prozent für die Abschaffung der Praxisgebühr, 84,1 Prozent für die Streichung der Krankenhausgebühr und 82,3 Prozent für den Wegfall der für Herbst geplanten Studiengebühr. Das beglaubigte Endergebnis der Volksabstimmung einschließlich der im Ausland abgegebenen Stimmen ist für Freitag angekündigt.

Noch am Sonntag kündigte der sozialistische Premier an, dass die entsprechenden Gebühren mit 1. April gestrichen würden. Der Gebührenausfall soll Gyurcsany zufolge nicht aus dem Staatshaushalt kompensiert werden. Den Vorschlag von Oppositionsführer Viktor Orban, Chef des rechten FIDESZ-Ungarischer Bürgerverband, die ausfallenden Einnahmen aus den Steuern der Glücksspiel AG zu decken, lehnt die Regierung ab. Diese Mittel seien bereits im Budget verplant, heißt es. Die Ärztevertretung gab indes zu bedenken, dass im Falle einer Nicht-Kompensierung viele Hausarztpraxen schließen müssten.

Politologen sprechen nach dem Referendum von einem bedeutenden Sieg der Opposition, die jedoch ihr ursprüngliches Ziel - nämlich den Sturz des Regierungschefs - nicht erreicht hätte. Fraglich sei auch, ob die hohe Teilnahme am Referendum sich gegen die Regierung richte. Dass die Mehrheit die Streichung der Gebühren wünsche, bezeichneten Beobachter als wenig überraschend, beträfen die Gebühren schließlich direkt den Geldbeutel der Wähler. Gyurcsany kündigte trotz der Schlappe an, seine Reformen fortsetzen zu wollen. (APA)