Was haben die Grünen doch über ihren ehemaligen Lieblingsfeind, ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl, gespottet. Sein Vorgehen mit Kirschlorbeertöpfen gegen die Punks auf dem Hauptplatz, die Überwachungskameras, die Bettlerpolitik: Ständig stand er konträr zur gesellschaftspolitischen Haltung der Grünen.

Wie also konnten die Antipoden so rasch und sogar harmonisch zueinanderfinden? Der augenscheinlichste Grund: Die Macht in Griffnähe, ließ bei den Grünen so manche Urteile von früher milder erscheinen.

Schwarz und Grün eint aber auch ein konservativer Grundkonsens. Auch wenn die letzte Generation eher links ausschlug, die Wurzeln der Grazer Partei gehen tief ins bildungsbürgerliche und auch fortschrittlich-katholische Lager.

Flotte Bindung

Dass Grün und Schwarz so flott eine Bindung eingingen, lag auch an der SPÖ, deren neuer Chef, Wolfgang Riedler, machtlos zusehen musste, wie sich in Graz das neue schwarzgrüne Machtzentrum bildete. Sein Vorgänger hatte die Partei unter 20 Prozent gewirtschaftet.

Für Nagl war es daher wesentlich reizvoller, sich die Grünen zu angeln. Mit einem insolventen Verein zu koalieren wäre sicher riskanter gewesen, als mit Grünen, die ohnehin schon nervös zur Macht drängten. Für die Landes- und Bundes-ÖVP ist Schwarz-Grün zudem gerade jetzt ein schönes Signal an die SPÖ. Schon kommen aus Bund und Land Zurufe, das Grazer Modell generös zu unterstützten.

Etwas ernüchternd sind die ersten Konsequenzen der neuen Familienaufstellung in Graz: Wie gehabt begann auch die schwarz-grüne Politik mit wohlbekannten Umfärbeplänen. (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe 10.3.2008)