Bild nicht mehr verfügbar.

Segolene Royal hat Grund zur Freude: Die Pariser Medien und Umfrageinstitute sprachen indes unisono von einem „Linksrutsch“.

Foto: Reuters
Paris - Das Innenministerium in Paris gab am Sonntagabend den Zugewinn der Linken landesweit mit 2,9 Prozentpunkte auf 47,94 Prozent an. Die Rechte verlor demnach 1,41 Prozentpunkte auf 45,49 Prozent, die nur regional antretende MoDem erreichte 3,22 Prozent. Meinungsforscher sprachen von einem Linksruck.

Der sozialistische Parteichef François Hollande wertete das Resultat als nationale Sanktion gegen Sarkozy-Lager und sein ungehaltenes Versprechen, die Kaufkraft der Franzosen zu erhöhen. Gesundheitsminister Xavier Bertrand (UMP) meinte jedoch, diese Wahlen hätten mit der Präsidentenwahl von 2007 „nichts zu tun“. Die Pariser Medien und Umfrageinstitute sprachen indes unisono von einem „Linksrutsch“.

Klare Gewinne für die Linke

Die ersten lokalen Endresultate zeigen mehrheitlich klare Gewinne für die Linke. Die seit Jahrzehnten rechts regierte Normandie-Metropole Rouen ging zum Beispiel schon im ersten Wahlgang an die Sozialisten. Andere Großstädte wie Paris, Lille oder Lyon dürften umgekehrt fest in linker Hand bleiben. Die Rechte wahrt insbesondere Bordeaux. Deren im Amt bestätigter Bürgermeister Alain Juppé hatte im Wahlkampf aber jede Schützenhilfe durch Sarkozy dankend abgelehnt.

Sollten sich die ersten Resultate bestätigen, hat der Wind in Frankreich in der Tat gekehrt. Der vor weniger als einem Jahr triumphal ins Elysée gewählte Sarkozy erleidet seinen ersten Wahl-Rückschlag. Wahrscheinlich stimmten die Franzosen sogar eher gegen ihn als für die Linke. Der Parti Socialiste bleibt nämlich in sich zerstritten; der Kampf um das Amt ihres Parteichefs – und Herausforderers Sarkozys bei den Präsidentschaftswahlen 2012 – wird im Herbst so hart werden wie derzeit bei den US-Demokraten.

Hauruck-Manieren und Jetset-Allüren

Sarkozy hat sich die Schuld daran selber zuzuschreiben: Mit seinen Hauruck-Manieren und Jetset-Allüren, die vielleicht in einen Fotoroman, aber nicht zu einem Staatschef passen, hat er sich in den letzten zehn Monaten viele Sympathien verscherzt. Mit seinem Verhalten machte er sich unbeliebt, noch bevor er seine schwierigen, naturgemäß unpopulären Reformen lanciert hat.

Seinem Temperament folgend, wird er nach dem zweiten Wahlgang in einer Woche nun zweifellos versuchen, einen Gang höher zu schalten – und sei es nur, um die Wahlschlappe auszuwetzen. Eine Regierungsumbildung soll die nächste Reformetappe einleiten. Doch Sarkozy hat im Volk nicht mehr die gleiche Unterstützung wie zuvor. Die Franzosen murren. Im Volk wächst der Unmut über die steigenden Konsumpreise, nachdem Sarkozy umgekehrt höhere Löhne versprochen hatte.

Es ist deshalb zu befürchten, dass sich der Präsident politisch vor allem aufs Gestikulieren beschränken wird, statt die Dinge wirklich anzupacken. Das verheißt wenig Gutes für die Konjunktur und die Wirtschaftsreformen Frankreichs, das The Economist als „the sick man of Europe“ bezeichnet. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, Printausgabe 10.3.2008)