Im Geiger-Prozess - dem ehemaligen Leiter der Wiener Kriminalpolizei, Hofrat Ernst Geiger, wird Amtsmissbrauch vorgeworfen - ist am Montagnachmittag jener Polizeibeamte einvernommen worden, der in einem Prüfbericht die Ermittlungen der Sauna-Affäre scharf kritisiert hatte.

Diese wären geführt worden, "obwohl von der Verdachtslage gesehen dafür keine objektiven Anhaltspunkte bestanden haben", hatte Herbert Hutter vom Büro für Rechtsfragen und Datenschutz der Bundespolizeidirektion Wien in dem mit Mitte Dezember 2007 datierten Papier festgestellt.

Im Zeugenstand schwächte er seine schriftlichen Angaben in einigen Punkten nun zwar deutlich ab, blieb aber dabei, die anonyme Anzeige, mit der das Ganze ins Rollen gekommen war, sei "sehr verdächtig" gewesen und seiner Einschätzung nach sogar "von einem Exekutivbeamten" verfasst worden. Die Diktion und ein "typischer Polizeijargon" ließen diesen Schluss zu.

Dass die Kriminaldirektion (KD) 1 die weiteren Erhebungen als Verschlussakt führte, habe den Dienstvorschriften widersprochen, befand Hutter: "Es gab zu diesem Zeitpunkt keine Aspekte, die auf eine Verquickung mit Behördenvertretern hingedeutet hätte. Man wollte offenbar, dass nur ein bestimmter Personenkreis Zugang zu den Akten hatte."

In dem schriftlichen Prüfbericht ist nachzulesen, anonyme Anzeigen wären "zum Zwecke des Aufbaus einer Verdachtslage fingiert" worden. Die KD1 hatte gegen Wolfgang B., den Betreiber des als FKK-Sauna getarnten Bordells "Goldentime", monatelang wegen Menschenhandels, grenzüberschreitender Prostitution und Zuhälterei ermittelt. Der 43-Jährige, der wochenlang in U-Haft saß, und fünf Mitangeklagte wurden allerdings Anfang Mai 2007 im Wiener Straflandesgericht von sämtlichen Anklagepunkten freigesprochen.

Die Polizei habe "durch subjektive bzw. einseitige Darstellung die Staatsanwaltschaft und das Gericht zur Erteilung von Aufträgen in Verbindung mit massiven Grundrechtseingriffen verleitet", stellte das Büro für Rechtsfragen und Datenschutz danach fest. Anträge bzw. Anzeigen der KD1 seien so aufgebaut worden, "dass es für Staatsanwaltschaft und Gericht nur schwer zu erkennen war, dass diesen Schriftstücken nicht wirklich fundierte sachliche Substrate zugrunde lagen."

Die Anzeige gegen Wolfgang B. und sein Umfeld "hätte in dieser Form den sicherheitsbehördlichen Schreibtisch nicht verlassen, wäre der Akt den zuständigen und mit einer sachgerechten und ordentlichen Aktenführung vertrauten Organen der Kriminalpolizeilichen Abteilung vorgelegt worden", heißt es in dem schriftlichen Bericht weiter.

Massive Kritik wird darin vor allem am mittlerweile außer Dienst gestellten und in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs abgeurteilten Wiener Landespolizeikommandanten Roland Horngacher sowie dem mittlerweile abgesetzten Leiter der KD1, Oberst Roland Frühwirth, geübt, dem "Privatrecherchen unter Ausnützung der polizeilichen Möglichkeiten" vorgeworfen werden. Horngacher sowie Frühwirth hätten "gezielte Ermittlungen betreffend einen Dienstvorgesetzten (gemeint ist damit Ernst Geiger, Anm.) veranlasst".

In dieser Schärfe war Herbert Hutter, der Verfasser des 75 Seiten starken Dokuments, zur Wiedergabe seiner Erkenntnisse im Großen Schwurgerichtssaal nicht bereit. Er betonte, er habe nur "ein Aktenprüfungsverfahren ohne Einvernahmen" durchgeführt. Am "dringenden Tatverdacht, dass Dienstpflichten verletzt worden sind", hielt er allerdings fest. Hutter befand auch, dass spätestens im Jänner 2006 das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) von den gegen Geiger gerichteten Ermittlungen verständigt hätte werden müssen.

Dem pflichtete sinngemäß BIA-Chef Martin Kreutner bei, der bemerkte, er persönlich hätte sich "gewünscht, früher davon zu erfahren". Erst der zuständige Staatsanwalt habe ihn am 15. März 2006 von der bestehenden Verdachtslage informiert. "Ich war in gewisser Weise verwundert. Man hätte das früher machen können. Das wäre sinnvoller gewesen", meinte Kreutner. (APA)