Die Augen-Untersuchungen begannen beim Ziesel.

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Das menschliche Auge ist wesentlich komplexer aufgebaut.
Siehe: Wissen - Farbsinnstörungen

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Peter Ahnelt, Biologe am Physiologischen Institut der Medizinischen Universität in Wien

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"Begonnen hat alles mit den kleinen Zieseln", erzählt Peter Ahnelt, Biologe am Physiologischen Institut der Medizinischen Universität in Wien. Neu an Ahnelts intensiver Forschungsarbeit ist die Entdeckung, dass bereits in der äußeren Netzhaut Farbinformationen separiert und verarbeitet werden. Bisher waren Wissenschaftler nämlich der Ansicht, dass bei Säugetieren und Menschen die Farbverarbeitung erst im Gehirn passiert.

Fast ausschließlich "Farbsehen"

Der Farbsinnexperte hat schon vor Jahren entdeckt, dass die Netzhaut im Auge der kleinen Erdhörnchen ganz besonders strukturiert ist. Im Gegensatz zur menschlichen besteht sie fast ausschließlich aus Zapfen, jenen Sinneszellen die für das Tages- und damit auch für das Farbsehen verantwortlich sind. Ahnelt nahm diese Zellen genau unter die Lupe und entdeckte dass das Ziesel über zwei verschiedene Arten verfügt, die ihm das Sehen von Farben ermöglichen.

Morphologische Unterschiede

Grund genug für Ahnelt nachzusehen, was sich im menschlichen Auge tut. "Auch dort gibt es morphologische Unterschiede. Sie sind zwar fein aber inzwischen immunhistochemisch bestätigt", erklärt er. Ganz so einfach wie beim Ziesel ist es allerdings nicht, da das menschliche Rezeptorsystem der Netzhaut bekannterweise drei verschiedene Zapfentypen zur Farbunterscheidung und zudem auch noch viele Stäbchen, farbunempfindliche Rezeptoren die das Sehen in der Dämmerung ermöglichen, besitzt.

Jeder sieht Farben anders

Tatsache ist auf jeden Fall: jeder Mensch sieht Farben ein bisschen anders. Was aber ist noch normal? "Das ist eine Übereinkunft die getroffen wurde und die mit Farbsehtests genau bestimmt werden kann", erklärt der Wiener Experte. Farb-Anomalität ist also eine Definitionsfrage, und dass Farbsehschwächen oft lange unentdeckt bleiben, hat demnach wohl mehrere Ursachen: Einerseits gehören Farbsehtests nicht zu Routineuntersuchungen und außerdem lassen sich diese Sehschwächen, solange sie nicht gravierend sind, durch Assoziationen sehr gut kompensieren. So sind Rotschwache oder Rotblinde von Kindesbeinen an darauf konditioniert zu erkennen, welcher Teil der Ampel rot ist.

Mit der Schwäche leben

Für manche Berufe kann diese mangelnde Fähigkeit Farbtöne zu erkennen allerdings problematisch sein. Denn für einen Arzt muss ein roter Hals von einem nicht entzündeten unterscheidbar sein. Möglichkeiten mit diesen "Mängeln" umzugehen sieht Ahnelt aber dennoch: "Ein einfacher Säure-Farbteststreifen lässt sich auch durch ein digitales ph-Meter ersetzen".

Wichtige Früherkennung

Wichtiger als eine Hilfestellung, bleibt für Ahnelt die Früherkennung. Inwieweit KindergärnterInnen und LehrerInnen darüber aufgeklärt sind, dass acht Prozent aller Buben ein Problem mit der Farberkennung haben, wagt er nicht zu beurteilen. Klar ist auf jeden Fall, dass für diese Kinder pädagogische Spiele, die auf Farberkennung aufgebaut sind, zur unüberwindlichen Hürde werden können. Ein kindlicher Farbsehtest sollte sie vor intellektuellen Fehleinschätzungen schützen.

Therapien im Tierversuch

"Die Tatsache, dass die meisten Farbsinnstörungen ihre Grundlage in der Netzhaut selbst haben könnte langfristig therapeutische Möglichkeiten eröffnen", macht Ahnelt den acht Prozent der männlichen und 0,4 Prozent Frauen Hoffnung, die mit dieser Fehlleistung geboren werden. Mittlerweile sind die verantwortlichen Gene für Farbsinnstörungen kein Geheimnis mehr, und im Tierexperiment mit Mäusen ist es auch schon gelungen Genmaterial in Photorezeptoren zu transferieren.

Farbstörungen noch unheilbar

Beim Menschen ist man hier noch nicht so weit. "Der Eingriff in das menschliche Erbgut ist derzeit sowohl technisch als auch moralisch gesehen ein großes Problem", weiß Ahnelt und bezweifelt daher, dass Farbsehstörungen beim Menschen schon in absehbarer Zeit geheilt werden können. (phr)