Akribisch rechnete Ex-Bawag-Chef Walter Flöttl ÖGB-Chef Verzetnitsch Zahlungen vor.

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Wien - Die Akten, die in den Kellern von Alt-Bawag-Chef Walter Flöttl gefunden worden sind, bergen brisantes Material: Gefunden wurde jede Menge Briefe des Bawag-Chefs, vor allem an den damaligen ÖGB-Präsidenten Fritz Verzetnitsch. Flöttl zählt darin die Leistungen auf, die die Bawag gegenüber dem ÖGB erbracht habe. Darüberhinaus gab es eine Menge Immobiliendeals, wie der STANDARD am Dienstag berichtete.

In einem Brief vom 21. November 1989 an den 1987 gewählten Benja-Nachfolger macht der Bawag-Chef eine Art Addition und schreibt, dass die Bawag im Interesse der Aktionäre seit 1972 "durch Vermögensübernahmen, Nachlässe und Zuschüsse im Interesse der Aktionäre" rund 1,3 Millarden Schilling an Kapitalmittel eingesetzt habe. Diese Summe verteile sich mit 310 Mio. auf die SPÖ, 232 Mio. auf den Konsum Österreich und 770 Mio. auf den ÖBG. Die Ertragseinbußen der Bawag beliefen sich auf 466 Mio. Schilling, rechnete Flöttl vor, wie die Presse schreibt.

Wie der STANDARD recherchiert hat, hatte Flöttl vier Tage zuvor auch an seinen Aufsichtsratpräsidenten Herbert Tumpel Ähnliches geschrieben. Er wies auf die Differenz zwischen der Verzinsung von Guthaben (8,1 Prozent für 667 Mio. Schilling) und Kreditzinsen ("nur 6,6% für 1,5 Mrd. Schilling") hin. Die Giroeinlagen seien mit 3 Prozent "bonifiziert" (das liegt wesentlich über den üblichen Zinssätzen; Anm.). Zudem rechnet Flöttl seinem Präsidenten vor, dass die Bawag vom ÖBG im Dezember 1988 Aktien der Notenbank (OeNB) zum Preis von 242 Mio. Schilling übernommen hat, die Bank dem ÖBG jedoch zinsenmäßig diesen Kaufpreis schon rückwirkend zum 1. Juli gutgeschrieben hat, "wodurch die Bawag dem ÖBG einen Veranlagungsertrag von 8,5 Mio. Schilling ermöglichte. Hierfür kam die Bawag lediglich in den Genuss der OeNB-Dividende 1988 von 0,5 Mio. Euro."

ÖGB gewährt Einsicht

Im Gegenzug, so schreibt Flöttl weiter, "erhält der ÖBG für 1989 aus dem Veranlagungserlös der OeNB Aktien ... einen zusätzlichen Ertrag von 20 Mio. Schilling - was ... eine Ertragserhöhung auf 106,6 Mio. bewirkt. Bezogen auf den echten Mitteleinsatz von 657 Mio. Schilling, bedeutet dies sogar eine echte Verzinsung von 16,2 Prozent."

Strafrechtlich könnten allfällige Vergehen verjährt sein, der ÖBG ist laut seinem Präsidenten, Rudolf Hundstorfer bereit, "alle Konten offenzulegen, wir wollen die Vergangenheit aufklären", so Hundstorfer zum Standard. Laut dem ÖGB-Präsidenten hat der Gewerkschaftsbund und seine Teilorganisationen ungefähr 1600 Geschäftskonten bei der Bank, "der Staatsanwalt kann sich alles anschauen, wir sind jetzt ganz normale Großkunden". (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.03.2008)